Medizin

Wirkung von Lithium genetisch bedingt

Aussicht auf maßgeschneiderte Therapie gegen Depression

Warum sprechen manche Patienten mit Depression besser auf Lithium an als andere? Eine neue Studie zeigt, dass eine bestimmte Genvariation den Erfolg der Lithiumtherapie begünstigt. Ein Gentest könnte daher künftig zeigen, ob eine solche Therapie Erfolg verspricht.

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In Deutschland leiden derzeit rund vier Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression. Lithiumsalze werden bei ihnen oft zur Milderung und Verhütung depressiver und manisch-depressiver Episoden eingesetzt. Bei etwa zwei Dritteln der Patienten, die ein Antidepressivum erhalten, ist dessen Wirkung jedoch nicht ausreichend. Lithium könnte hier Abhilfe schaffen, wird aber oft nicht eingesetzt, weil in einigen Fällen die Nebenwirkungen die positiven Effekte überwiegen.

Eine von der der Charité – Universitätsmedizin Berlin durchgeführte Studie zeigt nun, warum Lithium nicht immer wirkt. Die Mediziner testeten 81 akut depressive Patienten, bei denen Antidepressiva nicht ausreichend wirken. In einem Zeitraum von bis zu acht Wochen erhielten diese zusätzlich Lithium, das nicht als Antidepressivum gilt, jedoch auch stimmungsausgleichend wirkt und vor allem bei manisch-depressiver Störung eingesetzt wird. Zudem wurde bei diesen Patienten das Gen, das für das Enzym Glycogen Synthase 3-beta (GSK3B) zuständig ist, untersucht.

Genveränderung fördert Lithiumwirkung

Wies dieses eine Variation auf, sprachen die Studienteilnehmer nach vier Wochen mit rund 56 Prozent signifikant besser auf die Lithiumtherapie an als jene ohne diese Veränderung. Von ihnen reagierten im gleichen Zeitraum nur 31 Prozent positiv auf das Lithium.

Das Gen GSK3B hatten die Forscher nicht zufällig im Blick: Für seine Bedeutung für die psychische Gesundheit gibt es immer mehr Hinweise. Es codiert das Enzym GSK3B, das von Lithium gehemmt wird. Dieser Mechanismus führt dazu, dass vermehrt Proteine gebildet werden, die das Überleben und die Entwicklung der Nervenzellen sichern. Auch unsere „innere Uhr“, die im Zusammenhang mit depressiven Erkrankungen steht, wird davon beeinflusst.

Gentest für den Therapieerfolg

„Bei optimaler Dosis kann Lithium Patienten mit Gemütserkrankungen sehr gut helfen. Außerdem ist es meist besser verträglich als angenommen“, erklärt Studienleiter Dr. Mazda Adli von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Campus Charité Mitte. „Ein Gentest könnte in Zukunft vorhersagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Lithium dem Patienten hilft. So können wir zukünftig eine maßgeschneiderte Therapie für jeden einzelnen Patienten entwickeln.“

Daher startet die Charité unter Federführung von Dr. Adli gerade eine Folgestudie in Zusammenarbeit mit der Universität Bonn und dem US- amerikanischen National Institute of Mental Health, die die bisherigen Ergebnisse bestätigen und weitere genetische Faktoren identifizieren soll.

(Charité-Universitätsmedizin Berlin, 13.12.2007 – NPO)

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