Wir sind nicht allein: Jeder Mensch teilt sein Zuhause mit verschiedenen Arten von Krabbelgetier. Forscher haben nun untersucht, wie unsere Wohnungen und unsere Lebensweise die Zusammensetzung dieser WG beeinflussen. Demnach ziehen Insekten und Co unter anderem bevorzugt in die unteren Etagen sowie in Domizile mit Teppichen und vielen Fenstern ein. Ob wir ordentlich sind oder Haustiere haben, hat dagegen kaum einen Effekt.
Unsere Wohnung ist unser Rückzugsort. Hier können wir für uns allein sein und fühlen uns unbeobachtet. Doch das ist ein Trugschluss. Denn im Verborgenen teilen wir unsere eigenen vier Wände mit ganzen Heerscharen von winzigen Mitbewohnern. So wimmelt es beispielsweise im Hausstaub oder der Kaffeemaschine nur so von Bakterien und Pilzen. Auch Insekten, Spinnentiere und Krebschen fühlen sich bei uns richtig wohl: Erst kürzlich haben Forscher aufgedeckt, dass im Mittel rund 100 verschiedene Arten dieser Arthropoden in unseren Wohnungen leben.
Doch nicht überall ist die Zahl der eingemieteten Insekten und Co gleich hoch. Wie vielfältig die Gemeinschaft unserer krabbelnden Mitbewohner ist, hängt offenbar von diversen Faktoren ab – unter anderem von unserem Umfeld. So leben in Reichenvierteln weitaus mehr Krabbeltiere in den Haushalten als in ärmeren Gegenden, wahrscheinlich weil es dort grüner ist.
Von draußen nach drinnen
„Wir beginnen gerade erst herauszufinden, wie das Zuhause, das wir für uns gestalten, auch einen Lebensraum für Käfer und anderes Getier bildet“, sagt Misha Leong von der California Academy of Sciences in San Francisco. Die Forscherin und ihre Kollegen haben sich nun auf die Suche nach weiteren Aspekten gemacht, die die krabbelnde Lebenswelt unserer Häuser beeinflussen. Dafür untersuchten sie 50 Wohnungen in Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina.
Eines der Ergebnisse: Käfer, Spinnen und Co ziehen bevorzugt in die unteren Etagen ein. Je höher die Wohnung liegt, desto weniger Arten krabbelnder Wesen fand das Team. Zudem tummeln sich in größeren Räumen mehr Spezies als in kleinen und in Zimmern mit Teppich mehr als in solchen mit Parkett. Weil viele Mitbewohner sich nur vorübergehend von draußen in unsere eigenen vier Wände verirren, spielen auch die Passiermöglichkeiten eine Rolle. Wo es mehr Fenster und Türen gibt, findet mehr Getier den Weg nach drinnen.
Höhlenbewohner lieben Keller
Ebenfalls einen Einfluss auf die Zusammensetzung der Krabbel-WG hat, wie die einzelnen Räume genutzt werden. So tummeln sich in Gemeinschaftsräumen wie dem Wohnzimmer weitaus mehr Arten als etwa im Bade- oder Schlafzimmer. Eine besonders spezielle Lebensgemeinschaft beherbergen Keller, wie die Wissenschaftler berichten.
Diese dunklen und oftmals feuchten, höhlenartigen Bereiche entpuppten sich als beliebter Rückzugsort für Tiere, die auch in der Natur häufig Höhlenbewohner sind: zum Beispiel Spinnen, Milben, Tausendfüßer und Laufkäfer. Jeder einzelne Raum in einer Wohnung bildet dabei ein komplexes Ökosystem mit vielfältigen Jäger-und-Beute-Beziehungen.
Aufräumen bringt nichts
Doch welchen Einfluss hat eigentlich unser Lebensstil auf diese Systeme? Die gute Nachricht für Aufräummuffel: Wie ordentlich es in einer Wohnung zugeht, scheint kaum eine Rolle zu spielen. Lediglich Zitterspinnen tummeln sich offenbar in unaufgeräumten oder staubigen Ecken gehäuft, wie die Untersuchungen zeigten.
Auf die Zahl der ungebetenen Untermieter insgesamt ist der Einfluss jedoch gering. Auch die Anwesenheit von Haustieren wie Katzen und Hunden oder Zimmerpflanzen hat den Forschern zufolge keinen signifikanten Effekt. Das lege nahe, dass die Umgebung hinter dem Fenster für die Zusammensetzung der Krabbel-WG entscheidender sei.
Gesundheitsfördernder Einfluss?
„Obwohl wir unser Zuhause gerne als abgeschirmt von der Welt da draußen betrachten, können sich dort im Verborgenen wilde ökologische Dramen abspielen“, sagt Leong. Womöglich profitieren wir dabei sogar von unseren unsichtbaren Mitbewohnern: „Der Gedanke an solches Getier mag bei vielen nicht gerade positive Gefühle hervorrufen. Doch Käfer und Co könnten unsere Gesundheit positiv beeinflussen“, glaubt Leongs Kollegin Michelle Trautwein.
Schließlich gebe es zahlreiche Hinweise darauf, dass Beschwerden wie Allergien auch von einem mangelnden Kontakt mit Mikroorganismen herrühren können. „Insekten könnten solche Mikroorganismen in unsere vier Wände tragen und dabei helfen, sie dort zu verbreiten“, schließt die Forscherin. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-15584-2)
(California Academy of Sciences, 13.11.2017 – DAL)