Eigentlich müsste er längst ausgestorben sein: In einem Wasserloch mitten im amerikanischen Death Valley lebt die seltenste Fischart der Welt – der Teufelskärpfling. Wie und wann dieser Fisch in diese Wüste gelangte, haben US-Forscher nun aufgeklärt. Das überraschende Ergebnis: Der Fisch lebt erst seit maximal 800 Jahren in der Warmwasserquelle. Irgendwie hat er offenbar Mittel und Wege gefunden, die mehreren Kilometer heißer, trockener Wüste bis zu seinem isolierten Lebensraum zu durchqueren.
Der Teufelskärpfling (Cyprinodon diabolis) ist ein echter Sonderling. Denn dieser Fisch lebt ausgerechnet in der heißesten und trockensten Wüste der Erde – dem Death Valley. Sein Refugium ist das Devil’s Hole, eine Warmwasserquelle, die nur über eine wenige Meter große Felsspalte zugänglich ist. Doch optimal ist das Leben auch dort nicht: Das Wasser ist mehr als 30 Grad warm und zudem fehlt es den nur 80 bis 150 Fischen im Winter, wenn kein Sonnenlicht mehr durch den Felsspalt fällt, an Algennahrung.
„Dass eine Wirbeltierart bei so geringer Populationsgröße in einem so suboptimalen Habitat längere Zeit überlebt, widerspricht jeder Wahrscheinlichkeit“, erklären Christopher Martin von der University of North Carolina und seine Kollegen. „Das Risiko dieser Art, innerhalb von nur 50 Jahren komplett auszusterben, liegt theoretisch bei 80 Prozent.“ Der Teufelskärpfling jedoch scheint dieser Statistik zu trotzen – und er gibt Rätsel auf.
Wie lange gibt es die Teufelskärpflinge schon?
Denn frühere Analysen der mitochondrialen DNA dieses Fischs deuteten darauf hin, dass der Teufelskärpfling schon seit mindestens einer halben Million Jahre in seinem Wasserloch isoliert ist. So lange muss er demnach trotz der schwierigen Bedingungen überlebt haben. Andererseits aber sprechen geologische Daten dafür, dass das Devil’s Hole sich erst vor rund 60.000 Jahren öffnete – ein klarer Widerspruch zu den genetischen Daten.
Um herauszufinden, wie lange der Teufelskärpfling nun wirklich schon in seinem Wasserloch ausharrt, haben Martin und seine Kollegen nun erneut das Erbgut des kleinen Fischs analysiert und mit dem von eng verwandten Arten verglichen, die ebenfalls in der Umgebung des Death Valley leben.
Überraschend späte Trennung
Das Ergebnis: Die verschiedenen Arten des Cyprinodon besiedelten das Death Valley offenbar erst vor rund 10.000 Jahren. „Diese Zeit fällt direkt in die letzte Flutung des Death Valley-Beckens“, sagen die Forscher. Damals stand in der Senke des Death Valley noch so viel Wasser, dass die Fische ihre verschiedenen Quellen bequem schwimmend erreichen konnten.
Der Teufelskärpfling selbst aber besiedelte seine Quelle offenbar erst deutlich später: „Wir schätzen, dass Devil’s Hole erst vor rund 830 bis 105 Jahren vom Teufelskärpfling kolonisiert wurde“, so Martin und seine Kollegen. Diese Art ist damit erheblich jünger als es vorhergehende DNA-Analysen nahelegten. Aber wie sind die Fische damals in ihr Wasserloch gelangt? Eine durchgehende Verbindung zwischen den verschiedenen Quellen im Death Valley gibt es nicht.
Wüstenwanderung im Regen
Irgendwie müssen es diese Fische es geschafft haben, mehrere Kilometer heiße und trockene Wüste zu durchqueren – eine ziemlich unwahrscheinliche Vorstellung, wie auch die Wissenschaftler einräumen. Doch die Genanalysen lieferten einen Hinweis: „Unsere demografische Analyse spricht dafür, dass sich zwei dieser Wüstenquellen-Populationen zuletzt 1892 mischten – damals ereigneten sich die stärksten jemals registrierten Regenfälle in diesem Gebiet“, berichten die Forscher.
Offenbar reicht den Fischen entgegen bisherigen Annahmen schon ein wenig Regen oder vielleicht sogar der Transport durch einen Vogel aus, um die Strecke zu überwinden. Tatsächlich existiert zwischen den beiden Quellen ein trockenes Flussbett, dass damals kurzzeitig Wasser geführt und den Fischen den Kontakt ermöglicht haben könnte, wie Martin und seine Kollegen berichten. Sie schätzen, dass solche Gelegenheiten im Death Valley alle paar hundert bis tausend Jahre auftreten könnten.
Beschleunigte Evolution?
Damit aber sind noch lange nicht alle Rätsel um den Wüstenfisch gelöst. Denn wenn sie sich erst vor so kurzer Zeit von anderen Cyprinodon-Arten trennten, dann blieb nur wenig Zeit, um morphologische Eigenheiten zu entwickeln – eigentlich. Trotzdem unterscheidet sich der Teufelskärpfling deutlich von seinen Verwandten in Küstennähe: Er ist weniger aggressiv, hat einen ausgeprägteren Sexualdimorphismus und ist insgesamt kleiner. Außerdem besitzen die Fische im Devil’s Hole größere Augen, eine dunklere Färbung und ihnen fehlen die paarigen Bauchflossen.
„Angesichts dieser einzigartigen Merkmale ist das junge Alter dieser Fischart ziemlich überraschend“, sagen Martin und seine Kollegen. Die Teufelskärpflinge müssen sich ungewöhnlich schnell verändert und an ihre neue Umwelt angepasst haben. „Das verändert unsere ganze Sicht der Artbildung im Death Valley“, so die Forscher. (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2016; doi: 10.1098/rspb.2015.2334)
(Royal Society, 27.01.2016 – NPO)