Botanik

Wurzelsymbiose: Brüchige Zweisamkeit

Fähigkeit zur Partnerschaft mit Bakterien ging Pflanzen im Laufe der Evolution mehrfach verloren

Erbsen gehören zu den Pflanzen, die eine Symbiose mit stickstoffbindenden Knöllchenbakterien eingehen. © Piviso/ pixabay

Die Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien kann Pflanzen einen ökologischen Vorteil verschaffen. Trotzdem ging die Fähigkeit zu dieser Partnerschaft im Laufe der Evolution überraschender Weise mehrfach wieder verloren, wie genetische Analysen zeigen. Auch Vorfahren von heutigen Kulturpflanzen wie Erdbeeren, Brombeeren oder Äpfeln büßten demnach die Fähigkeit zur Symbiose ein. Aber warum?

Alle Pflanzen benötigen für ihr Wachstum eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen wie Stickstoff. Eine Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien kann ihnen daher einen ökologischen Vorteil verschaffen: Die Bakterien werden von den Pflanzen in speziellen Wurzelknöllchen beherbergt und mit Kohlenstoffquellen versorgt. Dafür gewinnen sie den begehrten Stickstoff aus der Luft und stellen ihn den Pflanzen zur Verfügung.

Die heute zur Wurzelknöllchensymbiose fähigen Arten stammen aus insgesamt vier verwandten Blütenpflanzen-Ordnungen, zu denen viele landwirtschaftlich wichtige Arten gehören – beispielsweise Bohnen, Erbsen und Soja. Wissenschaftler gehen davon aus, dass genetische Veränderungen bei einem gemeinsamen Vorfahren der Arten dieser Verwandtschaftsgruppe die Entwicklung dieser Partnerschaft grundsätzlich möglich gemacht haben.

Überraschender Verlust

„Trotzdem können nur zehn der insgesamt 28 Pflanzenfamilien dieser Gruppe stickstofffixierende Wurzelknöllchen ausbilden. Und sogar in neun dieser zehn Familien leben die meisten Gattungen nicht symbiontisch“, sagt Martin Parniske von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Um die genetischen Ursachen dieses verstreuten Vorkommens der Wurzelknöllchensymbiose aufzuklären, haben der Forscher und seine Kollegen nun DNA-Proben von zehn Arten mit unterschiedlichen Knöllchentypen und bakteriellen Symbionten untersucht.

Die so entschlüsselten Genome bezogen sie anschließend in einen genomweiten Vergleich mit insgesamt 37 Pflanzenspezies ein. Das überraschende Ergebnis dieser Analysen: Viele Mitglieder der fraglichen Verwandtschaftsgruppe haben die Fähigkeit zur Symbiose im Laufe ihrer Evolution wieder verloren – darunter auch wertvolle Kulturpflanzen wie Erdbeeren, Brombeeren oder Äpfel.

Vermeintlicher Vorteil

„Wir konnten zeigen, dass das für die Wurzelknöllchensymbiose essenzielle NIN-Gen in verschiedenen Linien mehrfach unabhängig voneinander mutiert ist. Diese Fähigkeit war in einem gemeinsamen Vorläufer der Linien also wohl vorhanden, ging aber durch evolutiven Druck in großem Umfang wieder verloren“, berichtet Parniskes Kollege Maximilian Griesmann.

„Dies war ein völlig unerwarteter Befund, denn in vielen terrestrischen Ökosystemen begrenzt die Stickstoffverfügbarkeit das Pflanzenwachstum, sodass man eigentlich erwarten würde, dass die Symbiose einen Selektionsvorteil bringt“, ergänzt Parniske. Wie also lässt sich dieser auf den ersten Blick nachteilige Verlust erklären?

Selektion zuungunsten der Symbiose

Dafür haben die Wissenschaftler gleich mehrere Erklärungen: Ein möglicher Grund könnten ihnen zufolge parasitische Bakterien sein, die die Wurzelknöllchen besiedeln und der Pflanze Energie entziehen, ohne Stickstoff zurückzugeben. In diesem Fall wäre der Verlust der Symbiose eine evolutive Anpassung an die für die Pflanze ungünstige Situation.

Auch andere Szenarien könnten zu einem Verlust führen – etwa ein dauerndes Überangebot an Stickstoff oder wenn in einem Ökosystem andere Faktoren wie die Verfügbarkeit von Wasser oder Phosphat für das Pflanzenwachstum limitierend sind.

In der synthetischen Biologie gibt es Ansätze mit dem Ziel, die Wurzelknöllchensymbiose auf Nutzpflanzen zu übertragen, die ursprünglich keine Partnerschaft mit stickstofffixierenden Bakterien eingehen. Denn auf diese Weise könnte man Stickstoffdünger sparen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es eine evolutive Selektion zuungunsten der Wurzelknöllchensymbiose gibt. Dies sollten derartige Projekte zukünftig berücksichtigen“, schließt Mitautor Klaus Mayer vom Helmholtz Zentrum München. (Science, 2018)

(Ludwig-Maximilians-Universität München, 25.05.2018 – DAL)

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