Von wegen Schneemensch: Forscher haben erneut vermeintliche Relikte des Yeti analysiert – und keinerlei Hinweis auf unbekannte Tiere oder gar Mischwesen gefunden. Stattdessen stammen Haare, Knochen, Hautstücke und Zähne größtenteils von asiatischen Bärenarten. Ein Zahn erwies sich als Relikt eines Hundes. Die DNA-Daten widerlegen auch die Vermutung, dass eine Reliktpopulation von Urzeitbären hinter dem Yeti-Mythos steckt.
Ob Yeti oder Schneemensch: Der Legende nach existiert im Himalaya-Gebiet ein rätselhaftes Wesen, das halb Mensch und halb Tier sein soll. Sogar Haare, Zähne und Knochen der aufrecht gehenden, behaarten Kreatur wollen einige Sammler gefunden haben. Doch was steckt dahinter? 2014 ergab eine Analyse von vermeintlichen Yeti-Haaren Überraschendes. Demnach könnte im Himalaya eine vor 40.000 Jahren ausgestorbene urzeitliche Eisbärart überlebt haben. Wenige Monate später jedoch widersprach dem eine Neuanalyse der Funde.
Yeti-Hinterlassenschaften im Test
„Trotz Jahrzehnten der Forschung und anekdotischen Berichten, die das Yeti lokalen Bären oder anderen Säugetieren zuordnen, ist die Identität des mysteriösen Schneemenschen noch immer umstritten“, erklären Tianying Lan von der University of Buffalo und seine Kollegen. „Es fehlt an eindeutigen Belegen.“
Um mehr Klarheit zu bringen, haben Lan und seine Kollegen nun die bisher strengste und tiefgehende genetische Analyse von möglichen Yeti-Relikten durchgeführt. Dafür untersuchten sie 24 Proben von Haarbüscheln, Hautresten, Knochen und Zähnen, die vom Schneemenschen stammen sollen oder deren Zuordnung ungeklärt war. Sie analysierten die mitochondriale DNA aller Proben und verglichen sie mit den bekannten DNA-Sequenzen verschiedener Bärenarten und anderer großer Säugetiere.
23 Bären und ein Hund
Das Ergebnis: Keine der Proben stammte von einem unbekannten Tier – und schon gar nicht von einem Mischwesen. Stattdessen konnten die Forscher 23 der 24 Proben verschiedenen Bärenarten zuordnen. Für die Forscher ist damit klar: „Ein großer Teil der Yeti-Legenden geht demnach auf Bären zurück“, sagt Lans Kollegin Kollegin Charlotte Lindqvist.
Die aktuellen Analysen bestätigen auch, dass keine urzeitliche Reliktart hinter dem Yeti steckt. Alle Proben ließen sich heute lebenden Säugetierarten zuordnen. So entpuppte sich ein Hautstückchen als Relikt eines asiatischen Schwarzbären, ein in Tibet entdecktes Knochenfragment dagegen als Beinknochen eines Tibetischen Braunbären (Ursus arctos pruinosus). Mehrere andere Proben stammen von Himalayabären (Ursus arctos isabellinus) – einer seltenen Braunbärenart mit besonders hell gefärbtem Fell. Die einzige Ausnahme unter all diesen Bären bildete ein Zahn, der zu einem Ausstellungsstück im Reinhold-Messner-Bergmuseum gehörte. Er erwies sich als Hundezahn.
Damit wird es eng für den Yeti: Die meisten vermeintlichen Belege für seine Existenz sind inzwischen entkräftet.
Himalayabären: anders als die anderen
Spannend ist die Studie aber noch aus einem andern Grund: Sie liefert erstmals mehr Informationen über die seltenen und vom Aussterben bedrohten Himalayabären und ihre Verwandtschaftsverhältnisse. Die DNA-Vergleiche enthüllten, dass die andere asiatischen Braunbären eng mit den europäischen und nordamerikanischen Arten verwandt sind – nicht aber die Himalayabären.
„Wahrscheinlich handelt es sich bei den Himalayabären um eine Reliktpopulation, die sich schon sehr früh von den restlichen Braunbären abtrennte“, berichten Lan und seine Kollegen. Den DNA-Vergleichen nach könnte diese Abspaltung vor rund 650.000 Jahren erfolgt sein – möglicherweise verursacht durch eine Ausbreitung von Berggletschern im Himalaya, die die Bären von anderen Populationen isolierten. (Proceedings of the Royal Society B, 2017; doi: 10.1098/rspb.2017.1804)
(University at Buffalo, 29.11.2017 – NPO)