Verborgene Welt: Die Gletscher der Hochgebirge und Polarregionen sind Heimat einer noch weitgehend unerkannten Mikrobenwelt. Davon zeugen jetzt auch mehr als zehntausend Viren, die Forschende im Gletschereis, im Schmelzwasser und im Staub der Eisoberflächen entdeckt haben. Diese Viren befallen zwar primär Bakterien und sind daher für uns ungefährlich. Allerdings enthalten viele von ihnen Resistenzgene, die sie auf bakterielle Krankheitserreger übertragen können, wie das Team berichtet.
Das Eis der Gletscher und Permafrostgebiete wirkt wie eine gigantische Tiefkühltruhe und konserviert neben zahlreichen Fossilien und ihrer DNA auch die Überdauerungsstadien vieler lebender Organismen und Viren. Wissenschaftlern ist es bereits gelungen, 700 Jahre alte Viren, einige 24.000 Jahre lang eingefrorene Rädertierchen und einen 46.000 Jahre konservierten Fadenwurm wieder zum Leben zu erwecken. Auch auf der Oberfläche von Gletschern und in Schmelzwassertümpeln wurden schon aktive Viren nachgewiesen.

Proben aus Gletschern weltweit
Doch wie viele Mikroorganismen tatsächlich in der eisigen Gletscherumgebung leben, ist bisher erst in Ansätzen bekannt. Damit ist auch unklar, wie hoch das Risiko beispielsweise für die Wiederauferstehung urzeitlicher Krankheitserreger aus dem Eis ist. Jetzt schafft eine neue Erhebung der Virenwelt auf und in Gletschern mehr Klarheit.
Für ihre Studie haben Yongqin Liu von der Lanzhou Universität in China und ihre Kollegen Proben aus dem Eis, Schnee, Schmelzwasser und den Staubablagerungen auf 38 Gletschern der Hochgebirge und Polarregionen entnommen und untersucht. „Dies liefert die erste systematische Charakterisierung der Vielfalt, Funktion und potenziellen Gesundheitsgefährdung durch polare und montane supraglaziale Viren“, schreibt das Team.