Konstanzer Forscher haben in Hefezellen eine neue Funktion von so genannten „Chaperone“ identifiziert. Danach sind diese nicht nur wie bislang angenommen für die korrekte Faltung von Proteinen zuständig, sondern auch für die Funktionalität der Ribosomen unerlässlich. Damit nehmen Chaperone eine bislang unbekannte Schlüsselstellung in zellulären Prozessen ein, so die Wissenschaftler im „Journal of Cell Biology“.
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In allen Zellen sind so genannte Chaperone als molekulare Faltungshelfer für die dreidimensionale Faltung neu entstehender Proteine zuständig – erst wenn das jeweilige Protein seine korrekte räumliche Struktur erhalten hat, kann es in der Zelle seine oft lebenswichtigen Aufgaben erfüllen. Bestimmte Chaperone binden dafür direkt an die so genannten Ribosomen, die zellulären Eiweißfabriken, die Proteine herstellen. Dadurch wird die wachsende Proteinkette so früh wie möglich in ihrer richtigen Faltung unterstützt.
Chaperone garantieren Funktion der Ribosomen
Die Mikrobiologen um Professor Elke Deuerling von der Universität Konstanz entdeckten nun in einer neuen Studie, dass bestimmte Chaperone auch für die reibungslose Funktion der Ribosomen selbst unerlässlich sind: Sie helfen beim Zusammenbau der komplexen ribosomalen Untereinheiten. Wenn dieser Prozess gestört ist, gibt es weniger funktionstüchtige Ribosomen und viele Proteine können nicht wie benötigt hergestellt werden – für die Zelle eine enorme Belastung, unter der sie nur noch sehr langsam wachsen kann.
Mit molekularbiologischen Techniken verhinderten die Mikrobiologen in Hefezellen die Bildung zweier Chaperonsysteme namens SSB-RAC und NAC und untersuchten den Effekt auf das Wachstum der Zellen. Fehlten beide Chaperone, wuchsen die Zellen deutlich schlechter als unbehandelte Kontrollzellen, so die Forscher. In den Mutantenzellen befanden sich Ansammlungen von zusammengelagerten ribosomalen Bausteinen, darunter ribosomale Proteine und weitere Proteine, die für den Zusammenbau von Ribosomen notwendig sind. Die Zahl der korrekt zusammengesetzten, funktionellen Ribosomen war deutlich niedriger als in unbehandelten Wildtypzellen.
Chaperonsysteme besitzen zwei Aufgaben
Dieses Ergebnis zeigt nach Angaben der Wissenschaftler, dass die beiden Chaperonsysteme nicht nur eine, sondern zwei zentrale Funktionen in der Zelle besitzen. Sie sorgen dafür, dass neu hergestellte Proteine sich richtig falten und dadurch erst richtig arbeiten können. Zudem kontrollieren sie auch, wie viele Proteinsynthesefabriken überhaupt in der Zelle vorhanden sind, um neue Proteine herzustellen. Damit nehmen sie eine Schlüsselstellung im zellulären Geschehen ein, denn sowohl die korrekte Faltung als auch die Menge der verschiedenen Proteine in einer Zelle sind für deren Funktionalität und Lebensfähigkeit entscheidend.
Für Deuerling und ihr Team ergeben sich aus ihren Forschungsergebnissen neue Fragen. Zu klären ist beispielsweise, ob diese Chaperonsysteme auch den Alterungsprozess von Zellen beeinflussen. Außerdem untersuchen die Forscher, ob diese Chaperone auch solche Proteine kontrollieren, die bei Fehlfaltungen schwere Krankheiten auslösen können, wie etwa Parkinson oder Alzheimer. Im Vordergrund der Forschung steht dabei die Analyse der molekularen Grundlagen dieser Prozesse, um zu verstehen, wie diese Chaperone funktionieren.
(idw – Universität Konstanz, 05.07.2010 – DLO)