Mitochondrien sind die Kraftwerke aller tierischer und menschlicher Zellen. Dafür jedoch müssen sie in ihrem Inneren große Ladungsunterschiede aufrechterhalten. Wie ihnen das ohne Kurzschlüsse und Lecks gelingt, haben jetzt deutsche Wissenschaftler aufgeklärt und berichten darüber in der Zeitschrift Science.
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"Mitochondrien wandeln in der so genannten Atmungskette die Energie aus der Nahrung in kleine universelle Energiepakete um, mit denen nahezu alle zellulären Prozesse versorgt werden", erklärt der Biologe Prof. Dr. Richard Wagner von der Universität Osnabrück. Für diese Energieumwandlung müssen die Mitochondrien permanent eine vergleichsweise sehr große elektrische Spannung über die innere Membran aufrechterhalten. Darüber hinaus ist es ihre Aufgabe, zugleich eine Vielzahl von geladenen und ungeladenen Molekülen zu transportieren.
Ein besonderes Problem stellt dabei der Transport sehr großer, geladener Proteinmoleküle dar. Wie das international angesehene Wissenschaftsmagazin "Science" in seiner Juni-Ausgabe berichtet, ist es Wissenschaftlern in der Arbeitsgruppe von Wagner zusammen mit dem Team von Prof. Dr. Nikolaus Pfanner der Universität Freiburg gelungen aufzuklären, wie dieser komplizierte Transport bewerkstelligt wird, ohne dass es dabei zu elektrischen Kurzschlüssen kommt.
Die Wissenschaftler unteruschten jetzt die Fähigkeit der Mitochondrien, unter Aufrechterhaltung extrem hoher elektrischer Feldstärken mehrfach geladene große Proteinmoleküle so über die Membran zu transportieren, dass keine Leckströme bis zu 100.000fach kleinerer Ionen auftreten. "Kommt es zu Kurzschlüssen über die Membran der zellulären Kraftwerke, wird eine Signalkaskade in Gang gesetzt, die zum Zelltod führt. Die innere Mitochondrienmembran wirkt dabei als extrem effizienter Isolator, der Feldstärken von ca. 1.000 000 Volt pro Zentimeter aufrecht erhalten kann", erklärt Wagner.
In der Luft springt der Funke bei Feldstärken von rund 10.000 Volt pro Zentimeter über, was zu einem Kurzschluss führt. Wagner: "Kurzschlüsse sind deshalb in den Zellen ausgeschlossen, weil die Natur im Verlaufe der Evolution eine extrem effektive Transportmaschinerie für den lebensnotwendigen Import von Proteinen in die Mitochondrien entwickelt hat."
Diese neuen Ergebnisse erlauben ein sehr detailliertes Bild über den lebensnotwendigen Import von Proteinen in die Mitochondrien zu gewinnen. Laut Wagner ergeben sich daraus weitreichende Folgerungen: "So wird es zum Beispiel möglich zu erklären, unter welchen Bedingungen der programmierte Zelltod, die so genannte Apoptose, eingeleitet wird. Die gezielte Auslösung der Apoptose ist wiederum eine der erfolgversprechenden künftigen therapeutischen Ansätze bei der Krebsbekämpfung.
(Universität Osnabrück, 26.06.2006 – NPO)