Wissenschaftler haben einen wichtigen Mechanismus aufgedeckt, der Proteine im Gehirn miteinander verklumpen lässt und so neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson auslöst. In Expeirmenten mit künstlichen Proteinen stellten sie fest, welche Eigenschaften Priteine besonders anfällig gegen die Aggregation machen und wie sich dies verhindern lässt. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift „Cell“ erschienen.
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Um ihre verschiedenen Funktionen im Körper wahrnehmen zu können, müssen Proteine korrekt gefaltet sein und die richtige dreidimensionale Struktur besitzen. Dafür sorgen Chaperone, die „molekularen Anstandsdamen“ der Zelle. Erfüllen sie ihre Aufgabe nicht, sind Fehlfaltungen oder ein Verklumpen der Proteine die Folge, was wiederum zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson führen kann. Alzheimer etwa entsteht, weil die sich bildenden Proteinaggregate toxisch auf Nervenzellen wirken und diese absterben lassen.
Wissenschaftler um F.-Ulrich Hartl am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München haben jetzt herausgefunden, wie Proteine zu Aggregaten verklumpen und warum das für Zellen schädlich ist. Im Reagenzglas generierten sie dafür künstliche Proteine ohne biologische Funktionen und schleusten diese in Zellen ein. Diese verklumpten, zogen viele natürliche Proteine der Zelle in die Aggregate hinein und störten so deren Funktion.
Große ungeordnete Proteine am stärksten betroffen
Mithilfe quantitativer Methoden der Proteomik konnten die Wissenschaftler zudem herausfinden, dass die betroffenen Proteine bestimmte strukturelle Eigenschaften gemeinsam haben, die eine Aggregation erst ermöglichen: Sie sind groß, besitzen mehrere Funktionsbereiche und weisen eine erhebliche, ungeordnete Struktur auf. „Nicht alle Proteine sind betroffen“, sagt Heidi Olzscha, Doktorandin am MPIB. „Nur solche, die bestimmte strukturelle Eigenschaften aufweisen und deshalb wichtige biologische Funktionen erfüllen.“
„Hierbei handelt es sich um Proteine, die nicht nur viele, sondern vor allem äußerst wichtige Funktionen in der Zelle erfüllen“, ergänzt ihr Kollege Martin Vabulas. „So sind sie beispielsweise für die Organisation und Stabilität innerhalb der Zelle, die Umwandlung von DNA in RNA oder die Herstellung von Proteinen verantwortlich. Werden mehrere dieser essentiellen zellulären Funktionen gleichzeitig gestört, führt das zum zellulären Systemabsturz. Krankheiten wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson sind die Folge.“
Chaperone verhindern Aggregation
Eine erhöhte Bildung von Chaperonen könnte diese Proteinaggregationen verhindern. Die Chaperone schirmen die Aggregate ab, sodass sie nicht mehr mit anderen Proteinen in Kontakt treten können. Dies könnte ein möglicher Ansatzpunkt im Kampf gegen neurodegenerative Krankheiten sein und helfen, Alzheimer, Huntington oder Parkinson schon von vornherein zu verhindern, hoffen die Wissenschaftler.
(Max-Planck-Gesellschaft, 12.01.2011 – NPO)