Biologie

Zucker kontrolliert Zellteilung

Anlagerung des Moleküls hemmt oder fördert entscheidende Proteine

Zellteilung © NIH

Ein scheinbar sehr einfacher Zucker spielt eine entscheidende Rolle in der Regulation des natürlichen Lebenszyklus unserer Zellen. Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Zucker die Schritte und den zeitlichen Ablauf der Zellteilung steuert und damit auch für die Entstehung von Krebs mit verantwortlich sein könnte.

Wie der Biochemiker Chad Slawson und Kollegen von der Johns Hopkins‘ Institution feststellten, wird der unter der Bezeichnung O-GlcNAc bekannte Zucker im Inneren von Zellen dazu eingesetzt, Proteine zu verändern, sie an- oder auszuschalten und ihre Interaktionen mit anderen Proteinen zu fördern oder zu verhindern. Damit könnten die Wissenschaftler ein bisher geltendes Dogma in der Zellbiologie widerlegt haben.

„Seit Jahrzehnten gilt das Dogma, dass der Zyklus der Zellteilung durch das Vorkommen oder Fehlen von bestimmten Proteinen, den Cyclinen, kontrolliert wird“, erklärt Slawson. „Aber die Experimente haben gezeigt, dass auch dann eine völlig normale Zellteilung ablaufen kann, wenn diese ausgeschaltet werden. Dagegen wird der Zellteilungszyklus unterbrochen und ist nicht mehr funktionsfähig, wenn die Pegel des O-GlcNAc-Zuckers nicht stabil bleiben sondern erhöht oder gesenkt werden.“

Doppelkern oder „zusammengeknüllte“ DNA

In Versuchen mit Mäuse- und Menschenzellen demonstrierten die Forscher, dass Zellen, die daran gehindert wurden, den an den Proteinen angelagerten Zucker zu entfernen, zwar ihr genetisches Material kopierten und neue Kerne bildeten, sich aber nicht in zwei Zellen teilen konnten. Das Resultat sind Zellen mit mehr als einem Zellkern – eine Situation, die in Krebszellen häufig zu beobachten ist. “Zellen mit mehr als einem Kern können zwar überleben, sind aber dereguliert – die Dinge laufen nicht so wie sie sollten – und je länger sie leben, desto schlimmer wird es“, so der Wissenschaftler.

Und auch bei Zellen, die einen unnormal höheren Anteil des Zucker abbauenden Enzyms besaßen, funktionierte die Zellteilung nicht richtig: Ihr Kern war deformiert und unter dem Mikroskop wurde sichtbar, dass das genetische Material nicht gleichförmig über den Kern verteilt war, wie normalerweise der Fall, sondern „zusammengeknüllt“ an einem Ende vorlag. Der gesamte Kern wirkte „faltig“, so die Forscher.

Genauer Wirkmechanismus noch unklar

Noch ist allerdings unklar, was genau in diesen Fällen falsch läuft. Die Wissenschaftler, darunter auch Gerald Hart, der die Zucker seit 20 Jahren erforscht, wissen inzwischen, welche Enzyme die Zucker an die Proteine anheften und welche sie wieder entfernen. Gezielt können sie in Experimenten daher diese blockieren oder hinzufügen, um das resultierende Verhalten der Proteine zu beobachten. Doch was genau der Zucker tut und wie seine Anwesenheit die Zelle beeinflusst, ist noch weitestgehend ungeklärt.

„Ob der Zucker etwas an- oder abschaltet hängt offensichtlich davon ab, an welches Protein der Zucker angelagert ist“, erklärt Hart. „Das macht es schwerer, als wenn das Enzym nur eine einzige Wirkung hätte. Um die Wirkungen des Zuckers herauszufinden müssen wir untersuchen, was er modifiziert und wo und wie stark er das tut.“

Der Zucker scheint, so die ersten Erkenntnisse, ein fast so großes Wirkungsspektrum in Bezug auf die Proteine zu besitzen wie die klassischerweise als „Proteinkontrolleure“ bekannten Phosphatgruppen. In einigen Fällen könnte der Zucker sogar mit den Phosphatgruppen um die gleichen Anlagerungsstellen konkurrieren. Nach Ansicht von Hart sorgt möglicherweise eine bestimmte Balance zwischen O-GlcNAc und den Phosphaten auf einem Protein erst für die Feinabstimmung der Zellfunktion.

Als nächste Schritte wollen die Forscher ausgewählte, durch O-GlcNAc veränderte Proteine näher untersuchen, die an entscheidenden Stellen in die Zellteilung eingreifen um herauszufinden, warum ein Ungleichgewicht des Zuckers einen so dramatischen Effekt auf den Gesamtprozess hat.

(Johns Hopkins Medical Institutions, 21.09.2005 – NPO)

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