Zuwachs bei den Urzeit-Miezen: Paläontologen haben zwei neue Arten von Säbelzahnkatzen identifiziert. Dinofelis werdelini und Lokotunjailurus chinsamyae lebten vor rund 5,2 Millionen Jahren im heutigen Südafrika. Ihren Lebensraum teilten sie sich mit zwei weiteren Säbelzahnkatzen-Arten. Die unterschiedlichen Anpassungen der verschiedenen Raubkatzen deuten laut Forschenden darauf hin, dass sich in Südafrika damals offene Graslandschaften ausbreiteten, während Waldflächen zurückgingen.
Säbelzahnkatzen mit ihren starken Pranken und dolchartigen Eckzähnen lebten einst auf allen Kontinenten außer Australien und der Antarktis. Sie gehörten vielen verschiedenen Arten an, die genetisch teilweise so weit voneinander entfernt waren wie heute Tiger und Hauskatze. Nach mehreren Millionen Jahren als Spitzenraubtiere starben die letzten Säbelzahnkatzen dann wahrscheinlich vor rund 10.000 Jahren aus.
Urzeit-Update aus Südafrika
Auch in Afrika waren Säbelzahnkatzen einst weit verbreitet. Allein im Langebaanweg-Steinbruch nördlich von Kapstadt in Südafrika fand der Forscher Q.B. Hendey in den 1970er Jahren vier verschiedene Arten. Doch seitdem hat das Wissen über die urzeitlichen Raubtiere und ihre Familienzugehörigkeiten einige Fortschritte gemacht. Paläontologen um Qigao Jiangzuo von der Universität Peking haben die bisherige Zuordnung der 5,2 Millionen Jahre alten Langebaanweg-Tiere daher nun aktualisiert.
Dafür analysierten sie die bruchstückhaften Säbelzahnkatzen-Fossilien von damals nochmal hinsichtlich ihrer Kiefer- und Schädelform sowie ihrer Zahngröße und -struktur. Auf diese Weise konnten Jiangzuo und sein Team die Langebaanweg-Exemplare im evolutionären Stammbaum der Säbelzahnkatzen verorten.
Zwei bislang unbekannte Arten
Dabei stellte sich heraus: Zwei von ihnen gehören zu völlig neuen Arten. Die Paläontologen haben sie Dinofelis werdelini und Lokotunjailurus chinsamyae getauft. Dinofelis-Säbelzahnkatzen waren einst weltweit verbreitet. Ihre Fossilien wurden bereits in China, Europa, Nordamerika und anderen Teilen Afrikas gefunden. Jiangzuo und seinen Kollegen zufolge könnte die neu entdeckte Art an der Basis ihrer Linie gestanden haben.
Lokotunjailurus-Säbelzahnkatzen waren bislang nur aus Kenia und dem Tschad bekannt. Die fossilen Überreste aus Langebaanweg deuten nun allerdings daraufhin, dass sie vor fünf bis sieben Millionen Jahren in ganz Afrika verbreitet gewesen sein könnten, so die Forschenden. Sowohl Dinofelis als auch Lokotunjailurus hatten rund zehn Zentimeter lange Reißzähne und sahen einst wahrscheinlich ähnlich wie ein großer Jaguar aus, erklären die Paläontologen.
Mosaiklandschaft aus Wäldern und Gras
Die anderen beiden Säbelzahnkatzen-Arten aus Langebaanweg identifizierten Jiangzuo und seine Kollegen als Adeilosmilus kabir und Yoshi obscura, zwei bereits bekannte Arten. Mit fast 20 Zentimeter langen Reißzähnen ist Adeilosmilus die größte bekannte Säbelzahnkatze des damaligen Südafrika und Yoshi die kleinste.
Dass alle vier Arten trotz ihrer Unterschiede einst im selben Gebiet vorkamen, verrät den Forschenden einiges über die südafrikanische Landschaft vor 5,2 Millionen Jahren. Da Adeilosmilus und Lokotunjailurus am größten waren und wahrscheinlich auch besonders schnell laufen konnten, jagten sie wahrscheinlich einst in offenen Graslandschaften. Die kleineren Yoshi und Dinofelis waren hingegen eher für ein Leben in dichterer Vegetation ausgestattet, zum Beispiel in Wäldern.
Die Forschenden leiten daraus ab, dass es damals in Südafrika eine Mischung aus Wald und Grasland gegeben haben muss. Da von den größeren Säbelzahnkatzen allerdings im Verhältnis mehr Exemplare überliefert sind, war das südliche Afrika wahrscheinlich gerade dabei, sich zugunsten offener Graslandschaften zu wandeln. Das würde auch mit den steigenden globalen Temperaturen zusammenpassen, die für diesen Zeitraum bekannt sind.
Korridor nach China?
Jiangzuo und seinen Kollegen ist bei der Analyse der Fossilien aber noch eine weitere Besonderheit aufgefallen. Die Zusammensetzung der Säbelzahnkatzen im Langebaanweg ähnelt sehr stark derjenigen in Yuanmou, China. „Dies deutet darauf hin, dass die frühere Umwelt der beiden Regionen ähnlich war oder dass es eine mögliche Migrationsroute zwischen dem Langebaanweg und Yuanmou gab“, erklärt Jiangzuo. (iScience, 2023; doi: 10.1016/j.isci.2023.107212)
Quelle: Cell Press, iScience