Energie

Bakterien als Batterie

Biohybrides System macht Elektro-Mikroben zu Stromlieferanten

Shewanella
Bakterien der Art Shewanella oneidensis setzen Elektronen frei und produzieren damit Strom – das lässt sich nutzen. © Gross et al./ PLoS Biology, doi: 10.1371/journal.pbio.0040282,

Skurriles Konstrukt: Künftig könnte der Strom für Handys, Sensoren und Co aus einer Mikroben-Batterie kommen – einem Nanokomposit-Material gefüllt mit Elektrizität freisetzenden Bakterien. Eine solche Biobatterie haben nun Forscher entwickelt und getestet. Lieferant für die Elektronen ist dabei das Bakterium Shewanella oneidensis, das Metall chemisch reduziert und dabei Elektronen nach außen abgibt.

Schon länger ist bekannt, dass einige Bakterien Elektrizität erzeugen können – solche exolektrogenen Mikroben leben sogar in unserem Darm. Weil sie in weitgehend anaerober Umgebung leben, nutzen sie statt Sauerstoff Metalle oder spezielle organische Transporter als Empfänger für die bei ihren Stoffwechselreaktionen freiwerdenden Elektronen. Einige dieser Mikroben erzeugen sogar stromleitende Proteinnetze.

„Metallfresser“-Mikroben als Stromerzeuger

Schon seit längerem suchen Forscher nach Möglichkeiten, diese Elektro-Mikroben praktisch zu nutzen – als biologische Stromproduzenten. Einen Weg dazu haben nun Yong Hu vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und seine Kollegen gefunden. Sie entwickelten ein Material, in dem exoelektrogene Bakterien gut wachsen können und das gleichzeitig den von diesen Mikroben erzeugten Strom effektiv an Elektroden ableitet.

Matrix-Aufbau
Die Bakterien (grün) sind in eine Matrix aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen (grau), Kieselsäure-Nanopartikeln (lila) und DNA (blau) eingebettet © Niemeyer-Lab/ KIT

Hauptakteure in dieser neuen Biobatterie sind anaerobe Bakterien der Art Shewanella oneidensis. Diese zuerst im Schlamm des Lake Oneida in New York isolierten Mikroben können verschiedene Schwermetall-Verbindungen zu elementarem Metall umbauen, darunter Eisen, Blei, Uran, Quecksilber und Silber. Über ihre fädigen Zellortsätze geben sie dabei Elektronen an diese Metalle ab.

Biohybrid-Matrix als Bakterien-„Wohnung“

Die neue Biohybrid-Konstruktion bietet nun diesen Elektro-Bakterien eine geeignete Wachstumsumgebung und leitet gleichzeitig den von ihnen erzeugten Strom ab. Konkret besteht das Material aus einer komplexen Kombination von Nanostrukturen, Biomolekülen und einer flüssigen Nährlösung. „Wir haben dazu ein poröses Hydrogel hergestellt, das aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Kieselsäure-Nanopartikeln besteht“, erklärt Hus Kollege Christof Niemeyer. „Diese sind durch DNA-Stränge miteinander verwoben.“

Die Forscher beimpften diese Matrix mit den Bakterien und konnten beobachten, dass sie sich darin ansiedelten und vermehrten. „Die Kultivierung von Shewanella oneidensis in den leitfähigen Materialien zeigt, dass die exoelektrogenen Bakterien das Gerüst besiedeln, während andere Bakterien, wie zum Beispiel Escherichia coli nur auf der Oberfläche der Matrix bleiben“, erläutert Koautor Johannes Gescher vom KIT.

Messbarer Stromfluss

Aber nicht nur das: Auch Strom produzierte die neuartige Biohybrid-Batterie. „Das Shewanella-haltige Komposit zeigte elektrochemische Aktivität, was darauf hindeutet, dass dieses Matrix die von den Bakterien erzeugten metabolischen Elektronen extrahieren und zur Anode transportieren kann“, so die Forscher. Je mehr Bakterien die leitfähige, synthetische Matrix besiedelten, desto mehr nahm auch der Elektronenfluss zu.

Und auch steuern ließ sich das System: Gaben die Wissenschaftler ein DNA-zerschneidendes Enzym zur Matrix dazu, stoppte der Stromfluss. Denn die zertrennten Stränge des Erbmaterials unterbrachen die Leiterbahnen im Inneren und dadurch konnten die Elektronen nicht mehr abfließen.

„Nach unserer Kenntnis, ist es bisher das erste Mal, dass ein solch komplexes und funktionelles biohybrides Material beschrieben wurde“, sagt Niemeyer. „Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass mögliche Anwendungen solcher Materialien sogar über mikrobielle Biosensoren, Bioreaktoren und Brennstoffzellensysteme hinausgehen könnten.“ (ACS Applied Materials & Interfaces, 2020; doi: 10.1021/acsami.9b22116)

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie

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