Energie

Stromspeicher: Elektroden aus Bierbrau-Abfällen

Aktivkohle aus Biertreber zeigt hohe Leistungen als Elektrode für Superkondensatoren

Biertreber
Biertreber ist das, was nach dem Bierbrauen vom Gerstenmalz übrigbleibt. Aus diesen Abfällen lässt sich Aktivkohle für die Elektroden von Stromspeichern herstellen. © Christian Leibing

Vom Bier zur Elektrode: Die beim Bierbrauen übrigbleibenden Gerstenmalz-Reste sind ein perfekter Rohstoff für Superkondensatoren und Batterien, wie Experimente belegen. Demnach lässt sich aus dem Biertreber eine Aktivkohle herstellen, die wegen ihrer großen Oberfläche und hierarchischen Struktur bestens für Elektroden dieser Stromspeicher geeignet ist. In Tests erreichten Superkondensatoren mit diesen nachhaltig produzierten Elektroden hohe Energiedichten und eine hohe Stabilität.

Kohlenstoffhaltige Materialien wie Graphit, Nanokohlenstoffröhrchen oder Aktivkohle sind ein wichtiger Rohstoff für die Elektroden vieler Akkus und Superkondensatoren. Denn sie besitzen eine hohe Porosität und große Oberfläche, haben eine gute Leitfähigkeit und sind chemisch stabil. Ein weiterer Vorteil: Diese Karbonvarianten sind günstig herstellbar, ihr Rohstoff ist reichlich vorhanden und sie sind biologisch abbaubar – sogar in komplett kompostierbaren Batterien wurden sie schon verbaut.

Brauerei-Abfälle als Rohstoff

Doch es gibt noch ein weiteres Plus: Aktivkohle für Batterie-Elektroden lässt sich gut aus Bioabfällen herstellen – beispielsweise aus Biertreber. Er besteht aus den beim Bierbrauen zurückbleibenden Resten des Gerstenmalzes und enthält vor allem Spelzen der Getreidekörner und ungelöste Proteine. Bisher wird der Biertreber vor allem als Viehfutter oder in Biogasanlagen verwertet. Aber wegen seines hohen Anteils von organischen Kohlenstoffverbindungen eignet er sich auch, um daraus kohlenstoffhaltige Elektroden-Rohstoffe zu gewinnen.

„Wir erforschen bereits seit einigen Jahren, wie gut sich verschiedene biologische Rohstoffe für die Gewinnung kohlenstoffhaltiger Materialien, die wir bei der Herstellung von Energiespeicher benötigen, eignen“, erklärt Seniorautor Andrea Balducci von der Universität Jena. „Und Brauereiabfälle erfüllen dafür wichtige Kriterien: In ihnen steckt das kohlenstoffhaltige Ausgangsmaterial, dass es braucht, um infrage zu kommen.“

Herstellung
Herstellung der Aktivkohle aus Biertreber. © Darlami Magar et al./ Electrochimica Acta, CC-by 4.0

Aktivkohle aus Biertreber

Wie gut sich aus dem Biertreber Aktivkohle gewinnen lässt und wie gut dieses Material dann in Stromspeichern funktioniert, haben Balducci und sein Team nun praktisch ausprobiert. Um die Aktivkohle zu gewinnen, haben sie den Biertreber zuerst getrocknet, gemahlen und dann unter Sauerstoffabschluss bei 500 Grad verkohlt. Dann folgt die Aktivierung: Die Forschenden mörserten die Kohle mit Kaliumhydroxid, erhitzten sie noch einmal bei 800 Grad unter Sauerstoffabschluss und neutralisierten das Ganze anschließend mit verdünnter Salzsäure und destilliertem Wasser.

Das Ergebnis ist ein Aktivkohlepulver, das eine besonders große Oberfläche besitzt: „Wir haben eine Oberfläche von rund 3.600 Quadratmetern pro Gramm und ein Porenvolumen von 1,8 Kubikzentimetern pro Gramm ermittelt“, berichten die Forschenden. „Das ist höher als bei den meisten bisher dokumentierten aus Biomasse gewonnenen Aktivkohlen.“ Auch die innere Struktur der Aktivkohlekörnchen entsprach der von gängigen Kohlenstoff-Elektrodenmaterialien.

Gute Leistungen in Kondensatoren

Nun folgte der Praxistest: Die Chemiker nutzten ihre Biertreber-Aktivkohle, um daraus Elektroden für zwei Typen von Superkondensatoren zu produzieren – für Lithium-Ionen-Superkondensatoren (LIC) und für Elektrische Doppelschicht-Kondensatoren (EDLC), die in nahezu allen elektronischen Geräten verbaut sind. Dafür mischten sie die Aktivkohle mit geringen Anteilen Carboxymethylcellulose als Bindemittel und trugen diese Paste auf Aluminium- oder Kupferfolien auf. Die so hergestellten Elektroden wurden dann in den Kondensatoren verbaut und getestet.

Das Ergebnis: Beide Stromspeicher mit Biertreber-Aktivkohle zeigten eine hohe Kapazität und behielten diese Leistung auch bei hohen Ladungen und über mehrere Zyklen bei. Die Aktivkohle-Elektrode im EDLC hatte bei 0,5 Ampere pro Gramm eine Kapazität von 46 Faraday pro Gramm und behielt auch nach 200 Stunden im Einsatz noch rund 80 Prozent ihrer Kapazität, wie das Team berichtet. Dies sei mehr als bei vielen kommerziellen Aktivkohle-Elektroden.  Im Lithium-Ionen-Kondensator erreichte die Kapazität bei einem Ampere pro Gramm rund 186 Faraday pro Gramm.

Weg zu nachhaltigen Elektroden

Nach Ansicht der Forschenden demonstrieren ihre Ergebnisse, dass sich Aktivkohle aus Biertreber sehr gut als Elektrodenmaterial für Stromspeicher wie Doppelschicht Kondensatoren und Lithium-Ionen-Superkondensatoren eignet. „Wir werden in weiteren Projekten daran arbeiten, die Vorteile und Grenzen der Benutzung dieses reichlich vorhandenen Materials besser zu verstehen, so dass es dann möglicherweise stärker bei der Produktion nachhaltiger Energiespeicher einbezogen werden kann“, sagt Balducci.

Ein weiterer Vorteil: Biertreber ist in großen Mengen vorhanden – in der Europäischen Union beispielsweise fielen 2019 rund 6,8 Millionen Tonnen an, davon allein in Deutschland 1,5 Millionen Tonnen. Brauereien sind außerdem in der Fläche gut verteilt, was den Treber leicht verfügbar macht und lange Transportwege der Rohstoffe vermeidet. (Electrochimica Acta, 2023; doi: 10.1016/j.electacta.2023.142104)

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

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