Energie

Kupfer statt Silber macht Solarzellen günstiger

Neue Photovoltaik-Materialien umgehen Lieferengpässe und Recycling-Probleme

Solarzelle
Solarmodul mit Leiterbahnen aus Kupfer statt Silber – das macht die Photovoltaik günstiger. © PV2+

Bisher benötigen Solarzellen teures Silber für ihre Leiterbahnen und Kontakte. Doch ein neues Galvanikverfahren erlaubt es nun, das Silber durch günstiges und reichlich verfügbares Kupfer zu ersetzen – ohne Einbußen bei der Photovoltaik-Leistung, wie Forschende berichten. Sie haben zudem eine Weg gefunden, um das bisher bei der Beschichtung nötige Polymer durch das besser recycelbare Aluminium zu ersetzen. Die Photovoltaik könnte so künftig günstiger und nachhaltiger werden.

Ob auf dem Dach, am Balkon oder als senkrechte Module: Die Photovoltaik gilt als eine tragende Säule der Energiewende. Angesichts steigender Strom- und Gaspreise boomt die Solarenergie zurzeit besonders. Vor allem moderne Heterojunction-Solarzellen erreichen in industrieller Produktion die höchsten Wirkungsgrade, indem sie kristallines Silizium mit ultradünnen Schichten von amorphem Silizium kombinieren. Das Potenzial der Photovoltaik gilt zudem als noch lange nicht ausgeschöpft.

Leiterbahn
Konfokal-Mikroskopbild einer Kupferleiterbahn auf einem Pnotovoltaikmodul. Die gleichmäßige halbrunde Form der Leiterbahn sorgt für hohe elektrische Leitfähigkeit. © PV2+

Silber macht die Photovoltaik teuer

Allerdings gehen Lieferengpässe, Materialknappheit und steigende Rohstoffpreise auch an der Solarzellen-Produktion nicht spurlos vorüber. Dafür sorgt vor allem das für die Leiterbahnen und Kontakte benötigte Silber. Schon jetzt verarbeitet die Solarindustrie rund 15 Prozent des weltweit in Minen abgebauten Silbers – Tendenz stark steigend. Weil aber auch anderer Branchen wie die Elektromobilität oder die 5G-Technologie vermehrt Silber benötigen, steigen Nachfrage und Preise dieses nur begrenzt verfügbaren Edelmetalls.

Silber macht schon heute rund zehn Prozent des Herstellungspreises für eine Photovoltaikzelle aus. In Zukunft könnte dieser Anteil jedoch deutlich steigen – und die Solarindustrie ausbremsen. Deshalb haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg nach einer Möglichkeit gesucht, das teure Silber durch ein günstigeres und besser verfügbares Material zu ersetzen – und sie wurden fündig.

Kupfer für Leitungen und Kontakte

„Wir haben ein spezielles Galvanik-Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, anstelle von Silber Kupfer für die Leiterbahnen einzusetzen“, erklärt Markus Glatthaar vom Fraunhofer ISE. Kupfer ist deutlich preiswerter und weniger knapp. „Da wir in Deutschland über genug Kupfer verfügen, sind die Lieferketten kürzer, und die Abhängigkeit vom Preis auf den internationalen Rohstoffmärkten oder von ausländischen Lieferanten wird reduziert.“

Wie das Team erklärt, geht der Ersatz des Silbers durch Kupferleitungen und Kontakte nicht zu Lasten der Photovoltaikleistung – sogar im Gegenteil. Denn die Kupferleiter sind dank Laserstrukturierung nur 19 Mikrometer dick. Durch diesen extrem kleinen Durchmesser ist die Verschattung der lichtaufnehmenden Siliziumschicht geringer als bei den Silberbahnen. Das verbessert die Leistung und erhöht letztlich den Stromertrag.

Recycelbares Aluminium statt Polymer

Eine zweite technologische Neuerung ist die Verwendung von Aluminium als Maskierungsschicht. Damit das Kupfer beim Galvanisieren im Elektrolytbad nicht die gesamte Oberfläche der Solarzelle bedeckt, müssen die nicht zu beschichtenden Bereiche abgedeckt werden. Üblicherweise geschieht dies durch eine vorübergehende Beschichtung mit nichtleitenden Polymeren. Die fachgerechte Entsorgung dieser Speziallacke ist jedoch aufwändig und verursacht viel Müll.

Dem Team um Glatthaar ist es nun gelungen, das Polymer durch recycelbares Aluminium zu ersetzen. Zwar ist Aluminium leitfähig und daher eigentlich nicht als Maskierung geeignet. Das ändert sich jedoch, wenn das Aluminium anläuft: Das Metall bildet dann eine wenige Nanometer dünne isolierende Oxidschicht. Den Forschenden ist es gelungen, diesen Oxidationsprozess so zu optimieren, dass das Aluminium als Maskierung verwendet werden kann.

„Es ist uns gelungen, die Prozessparameter anzupassen und dabei einen speziellen Elektrolyt zu entwickeln, so dass im Ergebnis die extrem dünne, native Oxidschicht des Aluminiums ihre isolierende Funktion zuverlässig erfüllen kann“, erklärt Glatthaar.

Pilotproduktion ab Anfang 2023

Damit können Solarzellen künftig günstiger und nachhaltiger produziert werden. Der doppelte Umstieg – von Silber auf Kupfer und von Polymer auf Aluminium – bringt dabei auch einen doppelten Vorteil: Er macht die Solarzellenproduzenten unabhängig vom teuren Silber und erhöht gleichzeitig die Recyclingfähigkeit der bei der Herstellung eingesetzten Materialien. Die recyclingfähigen Werkstoffe Kupfer und Aluminium bringen die Photovoltaik-Produktion damit der Kreislaufwirtschaft einen Schritt näher.

„Die innovativen Solarzellen sind ein wichtiger Baustein für die zukünftige Stromversorgung aus erneuerbaren Energien und werden der Photovoltaik-Branche einen dringend benötigten Schub verleihen“, sagt Andreas Bett, Institutsleiter am Fraunhofer ISE. Um die vielversprechende Technologie schneller auf den Markt zu bringen, hat das Institut das Spin-off PV2+ gegründet. Glatthaar und sein Team wollen schon Anfang 2023 gemeinsam mit Industriepartnern eine Pilotproduktion für ihre neuen Solarzellen aufbauen.

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Kraftwerk Erde - Wie das Erdsystem erneuerbare Energien erzeugt und Grenzen der Nutzung setzt

Bücher zum Thema

Abgeschaltet - Was mit der Energiewende auf uns zukommt von Johannes Winterhagen

Erneuerbare Energie - von Thomas Bührke und Roland Wengenmayr

Top-Clicks der Woche