Nachhaltiger Stromlieferant: Wissenschaftler haben eine biologisch abbaubare Batterie aus Pilzen und zellulosebasierter Tinte entwickelt. Diese mikrobielle Brennstoffzelle entsteht im 3D-Druck und erzeugt genug Strom, um einen Temperatursensor oder andere kleine Sensoren zu betreiben. Ist die Lebensdauer der Batterie abgelaufen, zersetzt sie sich von innen heraus selbst. In Zukunft könnte die Erfindung zum Beispiel in der Landwirtschaft oder Umweltforschung zum Einsatz kommen, wie das Team berichtet.
Viele Komponenten von elektronischen Geräten werden nicht recycelt, wodurch jedes Jahr enorme Mengen Elektroschrott anfallen. Bis 2030 werden es Schätzungen zufolge weltweit rund 75 Millionen Tonnen pro Jahr sein. Die Müllberge aus ausgedienten Akkus, Batterien und Elektrogeräten setzen Schadstoffe wie Cadmium, Blei und Quecksilber sowie Treibhausgase frei und belasten damit sowohl das Klima als auch die menschliche Gesundheit.
Vor diesem Hintergrund wird die Entwicklung umweltverträglicher, ungiftiger Elektronik immer wichtiger. Eine besondere Rolle könnten zum Beispiel mikrobielle Brennstoffzellen aus Bakterien oder anderen Mikroorganismen spielen. Wie alle Lebewesen wandeln Mikroorganismen Nährstoffe in Energie um. Mikrobielle Brennstoffzellen machen sich diesen Stoffwechsel zunutze und greifen einen Teil der bei den biochemischen Reaktionen freiwerdenden Elektronen als Strom ab.
Pilz-Teamwork erzeugt Strom
Forschende um Carolina Reyes von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in der Schweiz haben nun eine komplett neue Art solcher lebenden Batterien entwickelt: „Wir haben erstmals zwei Pilzarten zu einer funktionierenden Brennstoffzelle kombiniert“, erklärt Reyes. Der Clou: Die Stoffwechsel der beiden Pilze ergänzen sich und machen die Pilzbatterie dadurch leistungsfähiger.
Auf der Anodenseite befindet sich Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae), deren Stoffwechselaktivitäten Elektronen freisetzen. Die Kathode ist von der Samtigen Tramete (Trametes pubescens) – einem Weißfäulepilz – besiedelt. Die Tramete produziert ein besonderes Enzym, mit dem die Elektronen der Bäckerhefe eingefangen und aus der Brennstoffzelle geleitet werden können. So generiert dieses lebende System Strom.
Lebende Brennstoffzelle entsteht im 3D-Druck
Eine weitere Besonderheit: Die Pilz-Brennstoffzelle entsteht im 3D-Druck. Das erlaubt es Reyes und ihren Kollegen, die Elektroden so zu strukturieren, dass die Pilzzellen möglichst leicht an Nährstoffe kommen. Beide – die Pilze und ihre Nahrung – werden der Drucktinte dabei von Anfang an zugesetzt. Doch eine geeignete Tinte zu entwickeln, stellte das Team vor große Herausforderungen, wie Seniorautor Gustav Nyström erklärt:
„Es ist anspruchsvoll genug, ein Material zu finden, in dem die Pilze gut wachsen. Die Tinte muss sich dann aber auch gut extrudieren lassen, ohne dass die Pilzzellen dabei sterben – und natürlich sollte sie noch elektrisch leitfähig und biologisch abbaubar sein.“ Nyström und seine Kollegen wurden schließlich in einem zellulosebasierten Material fündig. Die Pilzzellen können die Zellulose als Nährstoffquelle nutzen und helfen so, die Brennstoffzelle nach ihrem Einsatz abzubauen. Kohlenstoffschwarz und Flockengraphite machen die Tinte leitfähig. Als biologisch abbaubare Hülle dient Bienenwachs.
Genug Strom für einfache Sensoren
In ersten Tests erwies sich die lebende Brennstoffzelle tatsächlich als Stromlieferant. Sie erzeugt demnach eine maximale Leistungsdichte von 12,5 Mikrowatt pro Quadratzentimeter sowie eine maximale Stromdichte von 49,2 Mikroampere pro Quadratzentimeter. Das ist genug, um zum Beispiel einen simplen Temperatursensor zu betreiben. Schließt man vier Batterien gleichzeitig an, kann ein solcher Sensor sogar bis zu 65 Stunden lang mit Strom versorgt werden, wie Reyes und ihre Kollegen herausgefunden haben. Die Pilzbatterien erzeugen dabei zwischen 300 und 600 Millivolt.
Die Forschenden können sich vorstellen, dass die lebende Brennstoffzelle in Zukunft Sensoren für Landwirtschaft oder Umweltforschung in abgelegenen Regionen mit Strom versorgt. Bevor es soweit ist, will das Team die Pilzbatterie aber zunächst leistungsfähiger und langlebiger machen – und nach weiteren Pilzarten suchen, die sich als Stromlieferanten eignen.
„Gerade im Bereich der Materialwissenschaft sind Pilze noch zu wenig erforscht und genutzt“, betonen Reyes und Nyström. (ACS Sustainable Chemistry & Engineering, 2024; doi: 10.1021/acssuschemeng.4c05494)
Quelle: Empa