Rohstoff aus Elektroschrott: Die Rückgewinnung von Lithium aus gebrauchten Lithium-Ionen-Akkus wird dank eines neuen Verfahrens einfacher, billiger und umweltschonender. Statt aggressiver Chemikalien kommen bei diesem mechanochemischen Recycling nur Zermahlen, Wasser, Aluminium und Hitze zum Einsatz. In Tests wurden damit bis zu 76 Prozent des Lithiums zurückgewonnen. Vorteilhaft auch: Das Verfahren erfordert keine Sortierung oder Zerlegung der Akkus und eignet sich für alle in Akkus eingesetzten Lithiumverbindungen, wie Forschende berichten.
Lithium-Ionen-Batterien durchdringen unseren Alltag: Sie versorgen nicht nur Notebooks und Smartphones, Spielzeug, Fernsteuerungen und andere kleine Geräte kabellos mit Strom, sondern fungieren auch als wichtigster Energiespeicher für die Elektromobilität. Doch die Rohstoffe für die Akkus sind knapp: Vor allem das unverzichtbare Lithium ist weltweit begehrt und zunehmend wertvoller. Es gibt zwar auch Lithiumvorkommen in Deutschland, ob die Ausbeutung sich lohnt, wird jedoch noch in Pilotprojekten getestet.
Lithium-Recycling auf neue Art
Eine bessere Lösung wäre es, das Lithium aus den Lithium-Ionen-Akkus möglichst vollständig zurückzugewinnen. Bisher werden aus Batterieabfällen vor allem Nickel und Cobalt, Kupfer und Aluminium sowie Stahl zurückgewonnen und wiederverwertet. Die Rückgewinnung von Lithium ist jedoch enorm aufwendig, teuer und wenig ertragreich. Die meist metallurgischen Verfahren verbrauchen viel Energie und hinterlassen oft schädliche Nebenprodukte.
Abhilfe schaffen könnte jetzt eine Recyclingmethode, die Lithium aus gebrauchten Akkus auf mechanochemische Weise zurückgewinnt. „Das Verfahren eignet sich zur Rückgewinnung von Lithium aus Kathodenmaterialien unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und damit für viele verschiedene marktübliche Lithium-Ionen-Batterien“, erklärt Erstautor Oleksandr Dolotko vom Karlsruher Institut für Technologie. „Es erlaubt ein kostengünstiges, energieeffizientes und umweltverträgliches Recycling.“
Zermahlen, Lösen und Erhitzen
Das Recycling beginnt mit dem einfachen Zermahlen der Akkus in einer Ballmühle. Dabei kommen die Lithiumverbindungen der Batterie in verstärkten Kontakt mit dem in der Kathode enthaltenen Aluminium. „Dieses als Kollektor in der Kathode eingesetzte Material dient als Reduktionsmittel“, wie Dolotko und sein Team erklären. Das Aluminium reagiert mit den gängigen Lithiumverbindungen der Akku-Kathode – darunter Lithium-Cobaltoxid (LiCoO2), Lithium-Manganoxid (LiMn2O4), Lithium-Eisenphosphoroxid (LiFePO4) sowie Lithiumoxid mit Cobalt, Mangan und Nickel (Li(CoNiMn)O2), kurz NMC.
Das Ergebnis nach rund drei Stunden des Mahlens ist ein Gemisch aus den metallischen Komponenten mit Lithiumoxid und Aluminiumoxid. Magnetische Metalle wie Eisen oder Cobalt können nun mithilfe eines Magneten entfernt werden. Als nächstes wird die Mischung in Wasser gelöst, gefiltert und durch Verdampfen rekristallisiert. Dabei entsteht das als Rohstoff erwünschte Lithiumcarbonat und ein Lithium-Aluminium-Carbonat-Hydroxyhydrat (LACHH).
In einem abschließende Reinigungsschritt wird dieses auskristallisierte Pulver auf rund 350 Grad erhitzt. Dadurch reagiert das LACCH zu Lithiumcarbonat und Aluminiumoxid. Bei erneutem Lösen in Wasser löst sich nur das Lithiumcarbonat, während das Aluminiumoxid fest bleibt und abgefiltert werden kann.
Keine Sortierung oder Zerlegung nötig
Übrig bleibt nach diesen Schritten reines Lithiumcarbonat – das Material, das als Ausgangsstoff für die Produktion von neuen Lithium-Ionen-Akkus dient. Tests ergaben, dass dieses mechanochemische Verfahren 55 bis 76 Prozent des in den Batterien enthaltenen Lithiums zurückgewinnen kann. Anders als bei bisherigen Methoden sind dabei weder Säuren noch andere korrosive Chemikalien nötig und auch keine extrem hohen Temperaturen. Das macht das Verfahren umweltfreundlich und energiesparender.
Ein weiterer Vorteil: „Diese Methode ist nahezu universell einsetzbar, denn sie funktioniert mit allen zurzeit in Kathoden verwendeten Lithiumverbindungen und auch ihren Mischungen“, berichten Dolotko und seine Kollegen. Die gebrauchten Batterien müssen vor dem Recycling nicht einmal sortiert oder zerlegt werden – sie können auch komplett zermahlen werden. „Wenn sehr viele nichtreaktive Komponenten in der Mischung enthalten sind, erfordert dies nur eine längere Mahlzeit“, so das Team. In manchen Fällen muss zusätzlich nur ein wenig Aluminiumfolie zugesetzt werden.
Im industriellen Maßstab einsetzbar
Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet dieses Verfahren damit die Chance, Lithium-Ionen-Batterien künftig sehr viel einfacher und kostengünstiger zu recyceln als bisher. Weil nur wenige unkomplizierte Schritte nötig sind, ist diese Methode gut für den Einsatz in industriellem Maßstab geeignet. Das könnte dazu beitragen, das wertvolle Lithium aus Elektroautobatterien und den Akkus unzähliger weiterer Geräte in Zukunft effizient und umweltschonend rückzugewinnen. (Nature Communications, 2023; doi: 10.1038/s42004-023-00844-2)
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie