Alternativer Energieträger: Um Strom aus Wind und Sonne zwischenzuspeichern, wäre statt Wasserstoff auch Methanol geeignet und unter bestimmten Bedingungen auch günstiger, wie eine Studie enthüllt. Demnach kann dieser kurzkettige Alkohol einfach mithilfe von Strom erzeugt werden, seiner Lagerung ist zudem günstiger als bei Wasserstofftanks. Positiv auch: Mithilfe einer neuen Technik, der sogenannten Allam-Turbine, kann Methanol sogar in einem geschlossenen Kreislauf verfeuert werden – das CO2 wird abgefangen und wieder verwendet.
Um das Stromnetz vor zu großen Schwankungen und Überlastung schützen, werden Energiespeicher benötigt. Sie sollen überschüssigen Strom aus Windrädern und Solarzellen aufnehmen und ihn bei Bedarf dann wieder abgeben. Neben Großbatterien und Phasenwechsel-Speichern wie den Carnot-Batterien gilt vor allem Wasserstoff als Zwischenspeicher der Wahl. Das Gas kann mittels Elektrolyse aus Wasser gewonnen und dann in Brennstoffzellen oder durch direkte Verbrennung die Energie wieder freigeben.
Der Haken jedoch: Wegen seiner geringen Energiedichte muss das Wasserstoffgas für Transport und Lagerung komprimiert und verflüssigt werden – das kostet zusätzlich Energie und erfordert aufwendige, dickwandige Behälter. Zwar könnte das Wasserstoffgas auch über Gasleitungen verteilt werden. Bisher ist das Netz der Erdgasleitungen aber nur in Teilen „Wasserstoff-Ready„, weitere Umrüstungen wären nötig.
Ginge es auch mit Methanol?
An diesem Punkt kommt eine mögliche Alternative ins Spiel: Methanol (CH3OH). Dieser einfachste aller Alkohole kann mithilfe elektrischer Energie aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid oder Wasserstoff und CO2 erzeugt synthetisiert werden. Als Endprodukt von Power-to-Liquid- oder Sun-to-Liquid-Anlagen wird Methanol auch als E-Fuel mithilfe von Sonnenenergie oder Wind- und Sonnenstrom produziert.
Gegenüber Wasserstoff hat Methanol einen entscheidenden Vorteil: Es ist bei Raumtemperatur flüssig und hat eine fünffach höhere Energiedichte als Wasserstoffgas. Daher kann es mit wenig Aufwand in einfachen Tanks gelagert und transportiert werden. Ob Methanol eine wirtschaftlich sinnvolle Alternative für Wasserstoff sein kann und unter welchen Umständen, haben Tom Brown von der Technischen Universität Berlin und Johannes Hampp vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) jetzt untersucht.
Was kostet die Speicherung?
Im Fokus standen dabei zum einen die Kosten für die Speicherung von Methanol und Wasserstoff. „Was in den Diskussionen und auch in der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung bisher zu kurz kommt, ist der Einbezug der Speicherorte in die Überlegungen“, sagt Brown. Den Berechnungen der beiden Forscher nach ist Wasserstoff als kurzzeitiger Puffer und Zwischenspeicher dann im Vorteil, wenn das Gas unterirdisch gelagert werden kann – beispielsweise in alten Salzbergwerken und Erdgaskavernen.
Weil der Wasserstoff für diese unterirdische Lagerung nicht gekühlt und komprimiert werden muss, liegen die Kosten bei nur 0,1 bis 0,5 Euro pro Kilowattstunde, wie das Team berichtet. Allerdings existieren geeignete Lagerkavernen nicht überall. In Deutschland kommen sie vorwiegend in Norddeutschland vor. Das aber bedeutet: „Dort, wo es keine Salzkavernen gibt, muss Wasserstoff in Stahltanks gespeichert werden. Aufgrund des hohen Drucks des verdichteten Wasserstoffs müssen diese besonders dickwandig sein und sind deshalb um ein Vielfaches teurer als einfache Tanks für Methanol“, erklärt Brown.
Allein die Lagerung des Wasserstoffs in solchen Drucktanks würde 10 bis 40 Euro pro Kilowattstunde kosten, wie die Forscher berichten. Dazu kämen die Kosten für den Transport des Wasserstoffs von diesen Großspeichern zu den Verbrauchsorten – beispielweise den Stahlwerken und Industriezentren in anderen Teilen Deutschlands. Im Vergleich dazu ist die Lagerung von Methanol deutlich billiger: Das Team rechnet mit 0,01 bis 0,05 Euro pro Kilowattstunde.
Wohin mit dem freigesetzten CO2?
Doch es kommt noch ein zweiter Aspekt hinzu: Anders als Wasserstoff setzt Methanol beim Verbrennen CO2 frei. Sein Einsatz ist daher in der Regel eher klimaschädlich. Nur wenn der Kohlenstoff für seine Erzeugung komplett aus Luft-CO2 kommt, das zuvor mittels Air-Capture aus der Atmosphäre entnommen wurde, wäre Methanol zumindest klimaneutral.
Aber auch hier gibt es möglicherweise eine Lösung, wie Brown und Hampp erklären. Herzstück ihrer Analysen ist ein neuartiger Prozess, dessen Prototyp zurzeit in einem 50-Megawatt-Kraftwerk in Texas getestet wird: die Allam-Turbine. In einer solchen Anlage wird Methanol zusammen mit reinem Sauerstoff verbrannt, sodass als Abgase nur Wasser und CO2 entstehen. Der Vorteil: „Bis zu 98 Prozent des CO2 können mit minimalem Aufwand wiedergewonnen werden“, berichten die Forscher.
Dieses aufgefangene CO2 kann dann zusammen mit dem mittels Elektrolyse aufgespaltenen Wasser wieder dafür genutzt werden, neues Methanol zu produzieren – so entsteht ein geschlossener CO2-Kreislauf. „Die Wirtschaftlichkeit kann noch weiter verbessert werden, wenn der bei der Wasserstoffproduktion mit Hilfe von Elektrolyse als Nebenprodukt entstehende Sauerstoff ebenfalls gespeichert wird. Dieser kann dann in der Allam-Turbine für die Verbrennung des Methanols genutzt werden“, sagt Brown. Das Team beziffert die Effizienz der Allam-Turbine bei der Stromerzeugung mit 66 Prozent.
Methanol als Plan B
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte haben Brown und Hampp ermittelt, ab wann Methanol eine lohnende Alternative für Wasserstoff sein könnte. Das Ergebnis: Dort, wo Wasserstoff in unterirdischen Kavernen gespeichert werden kann, wäre er als Zwischenspeicher für grünen Strom im Vorteil. Gegenüber Methanol wäre Wasserstoff als Speichermedium dann 16 bis 20 Prozent billiger. Das kehrt sich jedoch um, wenn keine unterirdischen Kavernen zur Verfügung stehen. Dann wäre Methanol 29 bis 43 Prozent billiger als Wasserstoff.
„Da die Allam-Technik noch nicht im großen Stil verwendet wird, sind unsere Preisabschätzungen sehr konservativ. Denn es ist zu erwarten, dass sie mit weiterer Verbreitung wesentlich billiger wird“, erklärt Brown. Nach Ansicht der Forscher sollten Politik und Entscheider daher nicht allein auf Wasserstoff setzen, sondern Methanol zumindest als Plan B im Auge behalten. „Unsere Studie soll die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft vor allem dazu anregen, weiterhin offen zu sein für die Vor- und Nachteile der verschiedenen Energieträger“, sagt Brown. (Joule, 2023; doi: 10.1016/j.joule.2023.10.001)
Quelle: Technische Universität Berlin