Energie

Mit Carnot-Batterien gegen die Dunkelflaute

Speicher auf Basis von Nitratsalz-Schmelzen für Sonnen- und Windstrom getestet

Wärmespeicher
Mit Carnot-Batterien lassen sich Schwankungen von Sonnen- und Windenergie ausgleichen. © DLR/ CC-by-nc-nd 3.0

Solarstrom bei Nacht? Windenergie ohne Wind? Sogenannte Carnot-Batterien könnten dies künftig ermöglichen und die gefürchtete „Dunkelflaute“ abwenden. Sie speichern überschüssigen Strom in Nitratsalzen, deren Schmelzen und Kristallisieren die Energie in Form von Wärme aufnimmt und abgibt. Wie gut dies funktioniert und welche Bauteile für eine solche Carnot-Batterie am besten geeignet sind, testet zurzeit ein Forschungsteam vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Die Stromerzeugung aus Sonne und Wind ist schwankend. Eine zentrale Herausforderung der Energiewende ist es deshalb, das Stromnetz stabil zu halten und Blackouts durch Dunkelflauten oder Lastspitzen zu vermeiden. Dafür nötig sind Energiespeicher, die überschüssigen Strom aufnehmen und bei Bedarf dosiert wieder abgeben können. Mögliche Technologien dafür sind neben neuartigen Pumpspeichern in Bergwerken oder am Grund von Gewässern vor allem Großbatterien sowie Wärmespeicher auf Basis sogenannter Phasenwechsel-Materialien.

Carnot-Batterie
Aufbau einer Carnot-Batterie. © DLR/ CC-by-nc-nd 3.0

Energiespeicherung im Phasenwechsel

Eine Form dieser wärmebasierten Energiespeicher ist die Carnot-Batterie: Sie wandelt über eine elektrische Wärmepumpe den überschüssigen Strom in Wärme um, die dann ein kristallines Speichermedium zum Schmelzen bringt. Wird dann die Energie wieder benötigt, kühlt man das Material ab und nutzt die dabei freiwerdende Kristallisationswärme zur Stromgewinnung. Mit Speicherkapazitäten von bis zu tausend Megawattstunden elektrischer Energie können Carnot-Batterien beispielsweise eine Stadt wie Stuttgart stabil mit Strom versorgen.

„Carnot-Batterien haben das Potenzial, ein wichtiger Baustein für die Energiewende zu werden“, erläutert André Thess vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik in Stuttgart. „Denn solche Wärmespeicher lassen sich gezielt in die Netze und Energiesysteme von morgen einbinden, um die zeitlich und örtlich schwankende Stromgewinnung aus Sonnen- und Windenergie auszugleichen sowie Lastspitzen abzudecken.“ Zudem sind Carnot-Batterien aufgrund der verwendeten Materialien umweltfreundlicher als konventionelle Batterien.

Carnot-Batterie auf Nitratsalz-Basis

Wie gut eine solche Carnot-Batterie in der Praxis funktioniert, haben die DLR-Forschenden nun im Rahmen eines europäischen Projekts getestet. Dafür haben sie in Stuttgart eine Carnot-Batterie konstruiert und in Betrieb genommen. Herzstück der Anlage ist der Latentwärmespeicher aus zwei Kubikmetern Nitratsalz. Eine Hochtemperatur-Wärmepumpe nutzt den zu speichernden Strom, um dieses Salz auf 150 Grad zu erhitzen.

„Ein Teil der zugeführten Heizwärme steckt scheinbar verborgen, also latent, im Lösen der Bindungen der Salzkristalle“, erläutert DLR-Projektleiterin Maike Johnson. Je nach Salz können Latentwärmespeicher dadurch rund doppelt so viel Energie aufnehmen wie Wärmespeicher ohne Schmelzvorgang. Zum Entladen des Speichers überträgt ein zweiter Kreislauf die Wärme zu einer Wärmekraftmaschine, die eine Turbine mit Generator antreibt. Der so klimaneutral erzeugte Strom kann wieder ins Netz eingespeist werden. Die typische Speicherzeit solcher Carnot-Batterien liegt bei einigen Stunden bis Tagen.

Pilotanlage im Test

„Wir arbeiten daran die Technologie so zu optimieren, dass sie industriell und praxisgerecht einsetzbar wird“, sagt Johnson. „Für einen stabilen Wärmeübertrag zwischen Wärmepumpe und Speicher und dann zur Wärmekraftmaschine müssen alle Komponenten zeitlich und mit der passenden Leistung zusammenspielen. Welche Mengen an Kühlmittel sind nötig? Wie schnell lässt sich das Salz aufheizen und abkühlen? Welche Leistung können wir aus dem Speicher herausholen?“

Wärmeleiter
Die spezielle Form der Wärmeüberträger ermöglicht eine möglichst große Kontaktfläche mit dem Nitratsalz des Latentwärmespeichers. © DLR/ CC-by-nc-nd 3.0

In den vergangenen Monaten haben die Forschenden alle Komponenten und jeden Vorgang des Speicherzyklus ihrer Carnot-Batterie einzeln getestet. Das Besondere an dem DLR-Wärmespeicher sind seine Wärmeübertrager. Diese speziell entworfenen Rohre haben zwei Kanäle für die Kältemittel – einen zum Aufladen, den anderen zum Entladen des Wärmespeichers. Dies ermöglicht den Betrieb mit unterschiedlichen Kältemitteln, um die verschiedenen Prozessteile des Speichersystems zu koppeln.

Für einen effizienten Energietransfer zwischen den Dampfkreisläufen und dem Salz haben die Forschenden Wärmeübertrager mit einem rippenartigen Querschnitt entwickelt, der einer Schneeflocke ähnelt. Dadurch ergibt sich für das Salz eine möglichst große Kontaktoberfläche. Die Wissenschaftler erproben an ihrer Pilotanlage nun unterschiedliche Lastszenarien, Wärmeflüsse und Temperaturverläufe, um die Systemgrenzen auszuloten.

Anlagen im Industriemaßstab in rund zehn Jahren

„Carnot-Batterien haben das Potenzial für einen flächendeckenden Einsatz in einer nachhaltigen Energiewirtschaft“, erklärt Andrea Gutierrez vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik. „Wir erwarten, dass industriefähige Systeme in rund zehn Jahren am Markt verfügbar sind. Diese sind dann für längere Speicherzeiten und Leistungen von mehreren Megawatt ausgelegt.“

Ein großer Vorteil von Carnot-Batterien ist, dass sie gleichzeitig Strom und Wärme liefern können. In der Sektorenkopplung lassen sie sich dadurch leicht mit anderen Energiesystemen verbinden. Dies ist besonders für die Industrie interessant, weil die gespeicherte Wärme ist in vielen Industrieprozessen direkt nutzbar ist.

Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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