Perowskit-Solarzellen sind hocheffizient, aber bislang wenig haltbar. Das könnte sich nun durch eine neue Materialmischung ändern. Denn versetzt man das Perowskit mit einem speziellen Polymer, puffert dies thermische Spannungen und Mikroschäden im Halbleitermaterial ab, wie Forschende in „Science“ berichten. Die resultierenden Photovoltaik-Module erreichen Wirkungsgrade von mehr als 24 Prozent, verlieren aber selbst bei wiederholten Temperaturwechseln zwischen minus 60 und plus 80 Grad kaum an Leistung.
Perowskite sind Materialien mit einer speziellen Kristallstruktur, die als Halbleiter für Leuchtdioden, Laser und Solarzellen dienen können. Sie lassen sich kostengünstig und mit wenig Energieaufwand zu Dünnfilmen verarbeiten und gelten als besonders vielversprechendes Material für Solarzellen. Weil sie auch das energiereiche blaue Spektrum des Sonnenlichts in elektrische Energie umwandeln, erreichen Tandem-Solarzellen auf Perowskitbasis bereits Wirkungsgrade von mehr als 30 Prozent.
Sensibel gegenüber Temperaturwechseln
Das Problem ist jedoch die Haltbarkeit: Von Solarmodulen wird erwartet, dass sie unter Freilandbedingungen mindestens 20 Jahre lang eine stabile Leistung erbringen. Dabei müssen sie UV-Licht, Hitze und große Temperaturschwankungen aushalten. Silizium-Module schaffen das problemlos, während die halborganischen Perowskite schnell Schäden ansammeln und dadurch rapide an Leistung verlieren.
„Sonnenlicht kann das Innere einer Photovoltaikzelle rasch auf 80 Grad Celsius aufheizen, im Dunkeln kühlt die Zelle dann sofort wieder auf Außentemperatur ab“, erklärt Seniorautor Antonio Abate vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie in Berlin. „Das löst große mechanische Spannungen in der Dünnschicht aus Perowskit-Mikrokristallen aus, die zu Defekten und sogar zu lokalen Phasenübergängen führen, sodass die Solarzelle an Qualität verliert.“
Zickzack-Polymer als Kitt und Puffer
Doch jetzt ist es einem Team um Abate und Erstautor Guixiang Li gelungen, Solarzellen mit einer deutlich erhöhten Haltbarkeit und Temperaturtoleranz zu entwickeln. Dafür versetzten sie die Vorläuferlösung des Perowskit-Dünnfilms mit dem fluorierten Polymer b-Poly(1,1-difluorethylen), kurz b-pV2F, das als Stabilisator wirkt. „Dieses Polymer scheint sich wie eine weiche Schale um die einzelnen Perowskit-Mikrokristalle in der dünnen Schicht zu legen und bildet eine Art Polster gegen thermomechanische Belastungen „, erklärt Abate.
Die Moleküle des Polymers ähneln einer Zickzackkette, in der sich Abschnitte mit wechselnder Dipol-Ladungsverteilung abwechseln. Durch diese Dipol-Zickzackstruktur wirkt das Polymer wie ein elastischer Kitt zwischen den einzelnen Perowskit-Körnchen im Dünnfilm. Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop zeigten, dass sich die winzigen Körnchen durch das b-pV2F enger aneinander schmiegen.
Der Polymerzusatz reduziert den thermomechanischen Stress und verhindert dadurch Mikroschäden im Material. „Außerdem verbessert die Dipolkette von b-pV2F den Transport von Ladungsträgern und erhöht damit die Effizienz der Zelle“, erklärt Abate.
Stabil auch nach Härtetest
Wie gut Photovoltaik-Module mit diesem Polymerzusatz im Perowskit halten, hat das Team in Praxistests mit mehreren gängigen Solarzell-Architekturen überprüft. Dafür mussten die Test-Solarzellen mehr als hundert Zyklen bei Temperaturen zwischen plus 80 und minus 60 Grad überstehen. In einem weiteren Test wurden sie tausend Stunden einer vollen Bestrahlung von der Stärke der direkten Mittagssonne aushalten. Das entspricht etwa den Belastungen bei einem Jahr Außeneinsatz.
Das Ergebnis: Die Perowskit-Polymer-Solarzellen erreichten selbst in der normalerweise weniger effektiven p-i-n-Architektur noch Wirkungsgrade von bis zu 24,6 Prozent. Diese Effizienz in der Umwandlung von Sonnenstrahlung in elektrischen Strom sank auch nach den Härtetests kaum ab, sie lag noch immer bei 96 Prozent, wie Li und seine Kollegen berichten. Damit könnte dies ein vielversprechender erster Schritt hin zu hocheffizienten und jahrelang haltbaren Photovoltaik-Modulen sein. (Science, 2023; doi: 10.1126/science.add7331)
Quelle: Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie