Überraschung im Akku: Forscher haben herausgefunden, warum eine entscheidende Grenzschicht im Lithium-Ionen-Akkus dicker ist als sie sein dürfte. Für das „unmögliche“ Wachstum der Feststoff-Elektrolyt-Grenzphase (SEI) ist demnach das Verhalten der Vorläufermoleküle verantwortlich: Anders als gedacht kristallisieren sie nicht direkt an der Elektrode aus, sondern wachsen zunächst im Lösungsmittel heran. Erst dann lagern sich die Klumpen zur porösen Passivierungsschicht zusammen.
Sie stecken in Handys, Notebooks und Kameras, aber auch in Elektroautos oder Flugzeugen: Lithium-Ionen-Akkus sind als mobile Stromlieferanten bisher nahezu unverzichtbar. Typischerweise besteht ihre Anode aus Graphit, die Kathode aus Metalloxiden wie Lithium-Kobaltoxid. Der Dritte im Bunde ist ein Lithium-Ionen-haltiger flüssiger Elektrolyt. Beim ersten Laden des Akkus bildet sich zwischen Anode und Elektrolyt eine für Leistung und Lebensdauer der Batterie entscheidende Komponente: die Feststoff-Elektrolyt-Grenzphase (SEI). Sie wirkt als Passivierungsschicht und verhindert die weitere Zersetzung des Elektrolyten
Das Rätsel der zu dicken Grenzphase
Das Merkwürdige jedoch: Eigentlich dürfte diese Grenzschicht nicht dicker werden als zwei bis drei Nanometer. Denn weiter können die für die Passivierungsschicht nötigen Elektronen nicht von der Anode aus in die organische Lösungsmittelumgebung vordringen. Das Wachstum der Grenzphase müsste daher schnell wieder zum Stillstand kommen. Doch das ist nicht der Fall: Die SEI in Lithium-Ionen-Akkus hat typischerweise eine Dicke von 50 bis 100 Nanometern. Die Grenzphase ist damit um ein Vielfaches dicker als sie sein dürfte.

Aber warum? Bisher gibt es zwar einige Hypothesen dazu, wie sich dieses scheinbare Paradoxon lösen lässt. Belegen ließ sich aber keiner der vorgeschlagenen Mechanismen – auch, weil die genauen Entstehungsmechanismen der SEI-Schicht bisher erst in Teilen geklärt sind. „Auch wenn die fundamentalen Grenzflächenprozesse und die sie bestimmende Chemie gut bekannt sind, bleiben die Mechanismen der Bildung und Degradierung der SEI auf der Mesoskala offen“, erklären Meysam Esmaeilpour vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und seine Kollegen.