Energie

Schwungradspeicher als Puffer im Stromnetz

Erster Test eines Prototyps mit integrierter Schnellladestation

Schwungradspeicher FlyGrid
Dieser Schwungradspeicher ist der Prototyp eines Energiespeichers, der kurzfristige, schnelle Schwankungen im Stromnetz ausgleichen soll. © Energie Steiermark

Schutz für das Stromnetz: In Österreich wird zurzeit ein neu entwickelter Schwungradspeicher als Puffer für kurze, schnelle Stromschwankungen im Netz getestet. Das System speichert überschüssigen Strom in der Rotation eines schweren Schwungrads und gibt ihn über einen Generator bei Bedarf wieder ab. Durch Kombination dieses Schwungradspeichers mit einer Schnellladestation lässt sich die gespeicherte Energie auch direkt nutzen.

Mit zunehmenden Anteilen von Strom aus Sonne und Wind werden Puffer im Stromnetz immer wichtiger. Denn solche Energiespeicher können Schwankungen und Blackouts durch Dunkelflauten oder Überspannung vermeiden. Für längerfristige Veränderungen wie saisonalen Schwankungen eignen sich neben klassischen Pumpspeichern auch Energiespeicher in Bergwerken oder am Grund von Gewässern. Für kurzfristigere Schwankungen sind dagegen Großbatterien oder wärmebasierte Carnotbatterien besser geeignet.

SChwungradspeicher aus der Formel 1
Schwungradspeicher werden auch als kinetische Rückgewinnungssysteme für die Bremsenergie in Formel-1-Rennwagen eingesetzt, wie dieses System. © Geni /CC-by-sa 4.0

Schwungradspeicher gegen schnelle Schwankungen

Eine weitere Technologie, um schnelle Stromschwankungen auszugleichen, testet zurzeit das FlyGrid-Projekt in Österreich: den Schwungradspeicher. Bei diesem schon sehr alten Konzept wird überschüssiger Strom genutzt, um ein schweres Schwungrad in Rotation zu versetzen. Dessen Drehung dient als mechanischer Energiespeicher. Wird der Strom dann wieder benötigt, wird ein Generator zugeschaltet, der die Rotation in elektrischen Strom zurückverwandelt.

Der Vorteil solcher Schwungradspeicher: Sie können innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten reagieren und dann in kurzer Zeit relativ große Energiemengen aufnehmen oder abgeben. Der Wirkungsgrad beim Be- und Entladen liegt teilweise bei 90 Prozent. Ebenfalls günstig: Anders als Batterien kann ein Schwungrad eine fast unbegrenzte Zahl an Ladezyklen absolvieren und hält daher sehr lange.

Nachteil ist allerdings, dass ein rotierendes Schwungrad sich relativ schnell von alleine entlädt – durch Reibung gehen pro Stunde rund drei bis 20 Prozent der Energie verloren. Schwungradspeicher sind daher vor allem für das Abpuffern schnell wechselnder Belastungen im Stromnetz geeignet.

Prototyp mit Kohlefaser-Rotor

Für das Projekt FlyGrid haben Wissenschaftler der Montanuniversität Leoben nun einen Schwungradspeicher entwickelt, der speziell für den Einsatz im Stromnetz und die Nutzung als Schnellladestation ausgelegt ist. Der Prototyp besteht aus einem rund 160 Kilogramm schweren Rotor aus Kohlefaser-Verbundmaterial, der von einem verlustoptimierten, synchronen Reluktanzmotor angetrieben wird. Bei dieser Form des Elektromotors entsteht die Rotation ohne Permanentmagnete, allein durch die Veränderung des elektromagnetischen Widerstands.

Beim Aufladen wird der Rotor des Schwungradspeichers durch diesen Elektromotor auf Drehzahlen von bis zu 30.000 Umdrehungen pro Minute beschleunigt. Dem Projektteam zufolge hat der Prototyp eine Energiekapazität von fünf Kilowattstunden und eine Ladeleistung von 100 Kilowatt. Dies lässt sich jedoch weiter erhöhen, indem man mehrere solcher Rotoren zusammenschaltet.

Mit Schnellladestation kombiniert

Der Clou dabei: Zum Entladen kann die Energie mittels Generator direkt ins Stromnetz eingespeist werden, aber auch – wenn beispielsweise weiterhin Stromüberschuss herrscht – über eine integrierte Schnelladestation an Elektroautos weitergegeben werden. Auch als mobile Schnellladebox, beispielsweise für elektrifizierte Baumaschinen, ließe sich FlyGrid nutzen, wie die Forschenden erklären. Das ganzheitliche Konzept sieht zudem vor, dass lokale volatile Quellen wie Photovoltaikanlagen ebenfalls direkt integriert werden können.

„Die zunehmende Elektrifizierung der Mobilität und auch der Industrie sowie der Ausbau volatiler erneuerbarer Energiequellen sind eine Herausforderung für unsere Stromnetze“, sagt Projektleiter Armin Buchroithner von der TU Graz. „Daher ist es wichtig, Lösungen anzubieten, die einerseits das Stromnetz entlasten und andererseits die Nutzung der E-Mobilität erleichtern.“

Prototyp wird jetzt im Stromnetz getestet

Nach ersten Tests an der Universität Leoben wurden der Schwungradspeicher nun beim regionalen Stromversorger Energie Steiermark in Betrieb genommen, um ihn dort unter realen Bedingungen weiter zu verbessern. „Neben Lösungen wie chemischen Batterien oder Pumpspeicherkraftwerken bietet FlyGrid mit seinem Schwungradspeicher ein langlebiges System, das eine hohe Leistung bietet. Damit ist es eine sinnvolle Ergänzung, die in kleinerem und größerem Maßstab den Umstieg auf erneuerbare Energien unterstützt“, sagt Buchroithner.

Quelle: Technische Universität Graz

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