Die Kraft der Wellen könnte jede Menge umweltfreundliche Energie liefern – wenn man ihre Bewegung effektiv in Strom umwandelt. Wie dies gelingen könnte, untersuchen deutsche Forscher nun in einem Projekt aus vier Unternehmen und zwei Universitäten. Ihre Idee: Stapel aus verformbaren Silikonfolien sollen die mechanische in elektrische Energie transformieren. Eine erste Demonstration des Prinzips hat jetzt gezeigt, dass und wie dies geht.
Nach einer Berechnung der Vereinten Nationen speichern die Meereswellen ein riesiges Energiepotenzial von 29.500 Terawattstunden im Jahr. Zum Vergleich: 2010 wurden weltweit rund 21.500 Terawattstunden elektrische Energie erzeugt. In einem Bericht des UN-Weltklimarates zur Ozeanenergie heißt es unter anderem: „Energie aus dem Ozean hat auf lange Sicht das Potenzial, den Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern.“ Nutzen lässt sich dazu neben den Strömungen der Gezeiten beispielsweise die Bewegung der Wellen. Im Projekt EPoSil wollen die Wissenschaftler den Zugang zu dieser regenerativen Energieform erhalten.
Folienstapel als Energiewandler
Kern ihrer Idee ist ein Energiewandler, der aus einer dreilagigen Folie besteht: Oben und unten befindet sich je eine elektrisch leitende Schicht, die Elektrode. In der Mitte liegt ein extrem elastisches, sehr gut isolierendes Silikon, das sich auch unter industriellen Bedingungen in immer gleich bleibender Stärke fertigen lässt. Durch die Bewegung der Wellen wird eine mechanische Kraft auf den Wandler übertragen. Die Welle presst das Silikon zunächst zusammen. Damit rücken auch die beiden Elektroden näher aneinander.
Jetzt wird von außen eine elektrische Spannung angelegt: eine der Elektroden wird positiv, die zweite negativ geladen. Bewegt sich die Welle weiter, nimmt die Kraft auf den Wandler ab. Das Silikon entspannt sich, wird wieder dicker. Daher entfernen sich die Elektroden und mit ihnen die Ladungen voneinander. Dieser Effekt bewirkt, dass sich die elektrische Energie im Wandler erhöht. Gewünschte Folge: Die mechanische Energie aus der Welle ist in elektrische Energie umgesetzt. Diese wird entnommen, und dann beginnt der Zyklus von vorne.
Verankerte Bojen als Wellenkraftwerke
Es gibt mehrere technische Möglichkeiten, wie Meereswellen die mehrlagigen Folien stauchen und dehnen können. Vereinfacht lässt sich eine Boje aus zwei Teilen vorstellen: Die obere Hälfte schwimmt auf der Oberfläche, die untere ist am Meeresboden fest verankert. Beide sind durch einen Stapel aus tausenden Folien miteinander verbunden. Die Wellenbewegung deformiert die Folien im Abstand von 3 bis 10 Sekunden. „Die elektrischen Ströme der Einzelschichten addieren sich“, erklärt Projektleiter Istvan Denes von der zentralen Forschung und Vorausentwicklung von Bosch in Waiblingen bei Stuttgart. Später liefern mehrere Wandler im Verbund Strom.
Dass der Energiewandler funktioniert, zeigten die Forscher bereits im Labor während sogenannter Trockentests mit einem Demonstrator, der von der TU Darmstadt hergestellt wurde. Das erste, maßstabgetreu verkleinerte Modell eines Wellen-Generators soll dann 2014 im Wellenkanal der Technischen Universität Hamburg-Harburg zu Wasser gelassen werden. Die Pläne sehen vor, dass kommerzielle Wellen-Generatoren mehrere zehnmillionen Dehnungs- und Stauchungsvorgänge absolvieren. Der angestrebte Wirkungsgrad bei der Wandlung der mechanischen in elektrische Energie liegt bei 50 Prozent.
(Technische Universität Darmstadt, 30.07.2013 – NPO)