Energie

Simple Methode erhöht die Akku-Lebensdauer

Höhere Spannung beim ersten Laden bremst den Kapazitätsverlust bei Lithium-Ionen-Akkus

Lithium-Ionen-Akku
Eine einfache Methode könnte die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus deutlich verlängern. © MF3d/ iStock

Überraschende Entdeckung: Die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus lässt sich um mehr als 50 Prozent verlängern – durch eine ganz einfache Maßnahme. Dafür muss nur das erste Laden des Akkus – das sogenannte Formieren – mit bisher unüblich hoher Spannung erfolgen, wie Forscher herausgefunden haben. Diese Maßnahme verursacht zwar anfangs eine stärkere Lithiumablagerung, bremst aber später die elektrochemische Alterung der Batterie erheblich, wie das Team im Fachjournal „Joule“ berichtet.

Lithium-Ionen-Akkus sind heute fast unverzichtbar – sie stecken im Handy, im Notebook und auch im Elektroauto. Doch auch diese Akkus leben nicht ewig: Nach einigen Jahren sinkt ihre Ladekapazität, weil Lithiumablagerungen an der negativen Elektrode den internen Ladungsaustausch zunehmend behindern. Die Entwicklung dieses sogenannten Solid Elektrolyt Interface (SEI) spielt daher eine entscheidende Rolle für die Lebensdauer der Batterien.

Formatierung eines Akkus
In der Fabrik werden Lithium-Ionen-Akus das erste Mal geladen – diese Formatierung ist für ihre spätere Lebensdauer entscheidend. © Greg Stewart/ SLAC National Accelerator Laboratory

Das erste Laden ist entscheidend

Der entscheidende Schritt im Leben eines Akkus geschieht, noch bevor er in den Handel kommt: Er wird in der Fabrik das erste Mal geladen – man spricht von der Formierung des Akkus. Sie bewirkt die kontrollierte Bildung einer ersten SEI-Schicht, die weitere Ablagerungen an der Anode möglichst bremsen soll. „Die Formierung ist der finale Schritt im Produktionsprozess“, erklärt Erstautor Xiao Cui von der Stanford University. „Wenn sie schiefgeht, ist die ganze bis dahin in die Batterie gesteckte Arbeit und Energie umsonst.“

Bisher wird das Formieren der Lithium-Ionen-Akkus langsam und mit niedriger Spannung durchgeführt. Dabei lagern sich rund neun Prozent des anfänglich vorhandenen Lithiums in der SEI-Schicht ab und fallen damit für den weiteren Ladungsaustausch aus. Diese anfänglichen Ablagerungen schirmen dafür aber die Anode vor weiteren Ablagerungen ab und bremsen so die Akku-Alterung – so die bisherige Annahme.

Verkehrte (Akku-)Welt

Das Überraschende jedoch: Cui und sein Team belegen nun das genaue Gegenteil. Für ihr Experiment hatten sie 186 frisch produzierte Lithium-Ionen-Akkus auf verschiedene Weise formiert. Insgesamt setzten sie die Batterien 62 verschiedenen Kombinationen von Faktoren wie Ladespannung, Dauer und Temperatur aus. Dann testeten sie, wie viele Zyklen die Akkus durchhielten, bevor die Ladekapazität unter einen Schwellenwert sank. Auch den Zustand der SEI-Schicht untersuchten sie.

Die Ergebnisse widersprachen den gängigen Erwartungen. Ausgerechnet Bedingungen, die bisher beim Formieren als schädlich galten – hohe Ladespannung und hohe Temperatur – erwiesen sich als vorteilhaft. „Überraschenderweise verlängert eine hohe Spannung beim ersten Laden die Lebensdauer der Batterien im Schnitt um 50 Prozent“, berichten Cui und seine Kollegen. Auch eine erhöhte Formierungstemperator von 55 Grad erhöhte die Lebensdauer der Akkus.

„Nach konventioneller Meinung schadet eine zu hohe Formatierungstemperatur dem Elektrolyten und eine zu schnelle Formierung fördert die Lithium-Ablagerung und verkürzt so die Lebensdauer des Akkus – diese Ergebnisse sind daher unerwartet“, schreiben die Forschenden.

Nebenwirkungen mit vorteilhaften Spätfolgen

Aber was steckt dahinter? Nähere Analysen enthüllten, dass sich die hohe Anfangsspannung auf den ersten Blick tatsächlich eher negativ auswirkt: Sie erzeugt eine dickere SEI-Schicht und passiviert darin rund 30 Prozent des Lithiums – statt wie bisher üblich nur Prozent. Doch auf lange Sicht betrachtet kommt ein weiterer, bisher übersehener Effekt zum Tragen: Weil beim „Turbo“-Formieren mehr Lithium aus dem Umfeld der Anode in die SEI-Schicht integriert wird, steht nun dort weniger Lithium für die Reaktionen zur Verfügung, die die Ablagerungen fördern.

Als Folge verlangsamt sich die Bildung der schädlichen Ablagerungen im Akku. „Obwohl die Formatierung mit hoher Spannung signifikante Neben-Reaktionen verursacht, führt gerade dies zu einer bis zu 70-prozentigen Zunahme der Zyklenzahl“, erklären die Forscher. Der größere Anfangsverlust des Lithiums wird dadurch wieder Wett gemacht. Die erhöhte Temperatur beim Formatieren bewirkt einen zweiten positiven Effekt: Sie fördert Reaktionen, durch die sich die Struktur der SEI-Schicht verbessert.

Chance für Akku-Optimierung

Nach Ansicht von Cui und seinem Team haben diese Erkenntnisse enorme praktische Bedeutung für die Produktion und Optimierung von Lithium-Ionen-Akkus. „Die Batterieproduktion erfordert viel Energie, Zeit und Kapital, entsprechend aufwendig ist es, ein ganz neues Batterie-Design zu entwickeln“, so Cui. Die Möglichkeit, die Akkus durch einfache Änderungen der Formierung zu optimieren, sei daher umso wertvoller.

„Möglicherweise können wir das jetzt Gelernte sogar auf neue Prozesse und andere, in Zukunft entwickelte Batterie-Typen anwenden“, ergänzt Koautor Steven Torrisi vom Toyota Research Institute. (Joule, 2024; doi: 10.1016/j.joule.2024.07.024)

Korrekturhinweis: In einer früheren Fassung des Artikels wurde der Begriff „Formatieren“ statt Formieren verwendet.

Quelle: DOE/ SLAC National Accelerator Laboratory

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