Salzwasser statt Trinkwasser: Forscher haben ein Elektrolyse-System entwickelt, das die Wasserspaltung auch mit ungereinigtem Meerwasser ermöglicht – und damit die Wasserstoff-Produktion aus dem Meer. Eine spezielle Beschichtung schützt dabei die Elektroden vor der Korrosion. Im Test erreichte das mit einer Solarzelle gekoppelte System einen Wirkungsgrad von knapp zwölf Prozent – es ist damit ähnlich effizient wie Elektrolyseanlagen mit gereinigtem Wasser.
Wasserstoff gilt als umweltfreundlicher Treibstoff – beispielsweise für Fahrzeuge oder Brennstoffzellen-Flugzeuge. Gleichzeitig wäre dieses Gas eine gute Möglichkeit, überschüssigen Strom aus Solar- oder Windanlagen zwischenzuspeichern. Dabei versorgt der von den Anlagen erzeugte Strom Elektroden, die das Wasser elektrochemisch in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegen. Schon jetzt erreichen erste Systeme für die solare Wasserspaltung Wirkungsgrade von 19 Prozent und neuartige Elektroden ermöglichen die Elektrolyse sogar schon mit einer 1,5 Volt-Batterie.
Das Problem der Korrosion
Doch es gibt einen Haken: Die Elektrolyse-Systeme funktionieren bisher nur mit reinem Trinkwasser – und das ist in vielen Regionen der Erde knapp. „Wenn man die Wasserspaltung nutzen würde, um einen substanziellen Anteil der weltweiten Energie zu speichern, würde dies daher zu erheblichen Problemen im Wassernachschub führen“, erklären Yun Kuang von der Standford University und seine Kollegen.
Eine Lösung wäre es, einfach Meerwasser für die Elektrolyse zu nutzen – denn davon gibt es auf der Erde schließlich genug. Doch das scheiterte bisher daran, dass das Salzwasser relativ schnell die Elektroden solcher Systeme zerfrisst. Die Chloridionen des Salzwassers korrodieren die Anode innerhalb weniger Stunden. Dieser Prozess läuft umso schneller ab, je höher die angelegte Spannung ist. Dadurch sind bisherige Versuche, eine Elektrolyse mit Meerwasser durchzuführen, kaum praktisch nutzbar.
Negative Schutzschicht
Doch Kuang und sein Team haben nun ein System entwickelt, das dem Salzwasser trotz hoher Spannung standhalten kann. Der Schlüssel dazu war die Entwicklung einer speziellen Beschichtung für die Anode. Ihre Elektrode besteht aus einem Nickelschaum, der von einer Schicht Nickelsulfid umhüllt ist. Auf diese Schicht wiederum trugen die Forscher eine Hülle aus Nickel-Eisen-Hydroxid auf.
Der Clou daran: Während der Elektrolyse bildet sich aus dem Nickelsulfid eine Schutzschicht aus negativ geladenen Sulfat- und Carbonatmolekülen. Weil die zerstörerischen Chloridionen ebenfalls negativ geladen sind, werden sie abgestoßen. Gleichzeitig jedoch stört diese Schicht nicht die Funktion der Elektrode. „Diese in situ erzeugten passivierenden Schichten sind für die hohe Resistenz gegenüber der Korrosion verantwortlich“, erklären die Forscher.
Mehr als tausend Stunden stabil
Wie gut dieser Schutz funktioniert, zeigten erste Tests mit Meerwasser aus der San Francisco Bay: „Unser System arbeitete kontinuierlich mehr als tausend Stunden lang ohne offensichtliche Zerfallserscheinungen“, berichten Kuang und sein Team. Und selbst bei Tests mit einem höheren Salzgehalt als in Meerwasser blieb die Korrosion aus: „Die Elektrolyse lief auch damit mehr als tausend Stunden stabil und ohne Korrosion“, so die Forscher.
Wie aber sieht es mit der Leistung aus? Um das zu testen, betrieben die Wissenschaftler ihr Elektrolyse-System mit unterschiedlich hoher Spannung – erst mit 2,12 Volt und einer Stromdichte von 400 Milliampere pro Quadratzentimeter, dann mit 2,75 Milliampere und einer Spannung von 2,75 Volt. Bei diesem Test koppelten sie die Elektrolysezelle direkt an eine Solarzelle – und auch diese Zelle blieb stabil.
„Das beindruckende daran war, dass wir damit in Spannungsbereichen gearbeitet haben, die bei klassischen Systemen heute üblich sind“, sagt Kuangs Kollege Michael Kenney. „Bei der Spaltung von Meerwasser jedoch könnten wir damit einen Spannungsrekord aufgestellt haben.“
Wirkungsgrad wie bei gereinigtem Wasser
Positiv auch: Der Wirkungsgrad dieser solargetriebenen Wasserstoffproduktion lag bei 11,9 Prozent, wie die Forscher berichten. „Das ist vergleichbar mit ähnlichen Systemen, die gereinigtes Wasser nutzen.“ Nach Ansicht von Kuang und seinen Kollegen könnte ihre Technologie daher neue Wege für die Entwicklung von Systemen zur Meerwasser-Elektrolyse eröffnen. „Das gibt uns die Chance, die gewaltigen Meerwasser-Ressourcen der Erde als Energieträger zu nutzen“, sagen sie.
Bisher ist das System nur ein Prototyp im Labormaßstab, doch für Unternehmen sei es leicht, das Prinzip zu skalieren und solche Elektroden in Masse zu produzieren, meinen Kuang und sein Team. „Man muss nur diese Komponenten in existierende Elektrolyse-Systeme integrieren, das würde recht schnell gehen“, sagt Koautor Hongjie Dai von der Stanford University. „Denn wir müssen dabei nicht bei null anfangen – eher von 80 oder 90 Prozent.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019: doi: 10.1073/pnas.1900556116)
Quelle: Stanford University