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Energie

Wasserstoff aus Meerwasser, Aluminium und Koffein

Verblüffend simple Reaktion könnte Wasserfahrzeuge mit Energie versorgen

Wasserstoff
US-Forscher haben eine alternative Methode zur Wasserstoffproduktion entwickelt – aus Aluminium und Meerwasser. © style_photography/ Getty images

Kurios: Aus zerkleinertem Aluminium, Meerwasser und Kaffeesatz lässt sich Wasserstoff erzeugen, wie Experimente von US-Forschern belegen. Demnach könnte ein Gramm Aluminium durch diese Reaktion rund 0,5 bis ein Liter Wasserstoff produzieren. Der Clou dabei: Der dafür nötige „Aktivator“ aus Gallium-Indium lässt sich hinterher aus dem Salzwasser wiedergewinnen. Für die Beschleunigung der Reaktion sorgt ein Koffein-Bestandteil. Ein Reaktor nach diesem Prinzip könnte künftig beispielsweise kleine Schiffe oder U-Boote antreiben, wie das Team berichtet.

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft, denn das Gas kann als Brennstoff dienen, aber auch als Stromlieferant in Brennstoffzellen. Eine gängige Methode, um den Wasserstoff nachhaltig zu produzieren, ist die Elektrolyse – die Spaltung von Wasser unter Einsatz von Strom aus Sonne oder Wind. Experimentiert wird jedoch auch mit einer direkten solaren Wasserstoffproduktion nach dem Vorbild der pflanzlichen Photosynthese.

Wenn Wasser mit Aluminium reagiert

Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit, wie Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) um Aly Kombargi demonstrieren. Den Anstoß für ihr Experiment gab eine chemische Reaktion zwischen metallischen Aluminiumoberflächen und Wasser: „Aktiviertes Aluminium reagiert mit Wasser und erzeugt dabei Wasserstoffgas, Hitze und Aluminiumoxidhydrat (AlO(OH), einen nichtgiftigen, wertvollen Rohstoff“, erklären Kombargi und seine Kollegen.

So entsteht aus Meerwasser und einem vorbehandelten Aluminium-Kügelchen Wasserstoff.© MIT

Diese Reaktion findet allerdings nur statt, wenn das metallische Aluminium nicht, wie normalerweise üblich, mit einer dünnen Oxidschicht bedeckt ist. Deswegen tritt diese Wasserstoffproduktion im Alltag nicht auf. Frühere Studien hatten jedoch gezeigt, dass eine Legierung aus Gallium und flüssigem Indium diese Schutzschicht entfernen kann. „Gallium durchbricht die oberflächliche Oxidschicht, während Indium es der Legierung ermöglicht, bis in die Korngrenzen einzudringen“, so die Forscher.

Meerwasser erlaubt Rückgewinnung

In ihren Tests erzeugte ein Gramm von mit dieser Legierung behandelten Aluminiumpellets rund 1,3 Liter Wasserstoffgas aus destilliertem Wasser – innerhalb von nur fünf Minuten. Das Problem jedoch: Gallium und Indium sind seltene und teure Metalle. „Damit der Prozess kosteneffizient und nachhaltig wird, ist es notwendig, diese Metalle im Verlauf der Reaktion wiederzugewinnen“, erklären die Wissenschaftler. Aber wie?

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Als verblüffend simple Lösung erwies sich hierfür Meerwasser. „Frühere Forschung hatte bereits darauf hingedeutet, dass Gallium in Salzwasser oder anderen ionischen Medien Agglomerationen bildet“, berichten die Forscher. Dabei bildet sich eine Doppelschicht aus positiven und negativen Ladungen um die Galliumpartikel, die diese vor weiteren Reaktionen schützt und eine einfache Wiedergewinnung ermöglicht, wie Tests ergaben.

Kaffeesatz als Beschleuniger

Der Haken jedoch: Im Salzwasser lassen sich zwar die Aktivatormetalle Gallium und Indium leichter wiedergewinnen, dafür läuft die Wasserstoff-produzierende Reaktion des Meerwassers mit Aluminium sehr viel langsamer ab: „Während die Wasserstoffreaktion in destilliertem Wasser nur rund fünf Minuten benötigt, dauert sie mit Salzwasser zwischen zwei und 17 Stunden“, berichten Kombargi und seine Kollegen. Deshalb machten sie sich auf die Suche nach einem Zusatz, der die Reaktion wieder beschleunigen kann.

Tatschlich wurden sie fündig – in ihrer Küche: „Wir experimentierten mit Zutaten aus der Küche herum“, schildert Kombargi. „Als wir Kaffeesatz in das Salzwasser gaben und dann die vorbehandelten Aluminium-Pellets hineinwarfen, lief die Reaktion plötzlich viele schneller ab als in reinem Meerwasser.“ Nähere Analysen ergaben, dass ein Bestandteil des Koffeins, das Imidazol, für diese Beschleunigung der Wasserstoffproduktion verantwortlich war.

Testreaktor
Aly Kombargi und sein Kollege Niko Tsakiris bei der Arbeit an ihrem Testreaktor für die Wasserstofferzeugung aus Meerwasser und Aluminium. © Tony Pulsone/ MIT

Wasserstoff aus Meerwasser

„Damit hatten wir alles, was wir brauchten: „Wir können das Gallium rückgewinnen und haben dennoch eine schnelle und effiziente Reaktion“, sagt Kombargi. Wie Tests ergaben, reicht eine geringe Konzentration von rund 0,02 Mol Imidazol aus, um rund 90 Prozent des Galliums aus Salzwasser zurückzugewinnen. Noch wichtiger jedoch: Bei dieser Imidazol-Konzentration und Salzwasser mit 0,6 Mol Salzgehalt benötigte die Wasserstoffproduktion nur noch rund zehn Minuten.

„Als wir den Prozess mit Meerwasser aus dem Bostoner Hafen in größerem Maßstab wiederholten, erreichten wir ähnlich hohe Reaktionsraten, Wasserstoff-Ausbeuten und Rückgewinnungsraten des Gallium-Indiums“, berichten die Wissenschaftler.

Antrieb für kleine U-Boote und Schiffe

Nach Ansicht des Teams ist dieses Verfahren damit eine vielversprechende Möglichkeit, Wasserstoff aus einfachen Zutaten zu gewinnen. „Dies ist beispielsweise interessant für maritime Anwendungen wie Schiffe oder Untersee-Boote, weil man dann kein Salzwasser mitnehmen muss – es ist direkt verfügbar“, sagt Kombargi. „Stattdessen benötigen wir nur einen Vorrat der Aluminium-Pellets und geben einfach Meerwasser dazu, um so viel Wasserstoff zu erzeugen, wie wir für den Antrieb benötigen.“

Den Berechnungen der Forscher nach könnte ein Reaktor mit rund 20 Kilogramm Aluminium-Pellets reichen, um einen kleinen Unterwasser-Gleiter für rund 30 Tage mit Wasserstoff und damit Treibstoff zu versorgen. „Wir zeigen damit einen neuen Weg auf, um Wasserstoff mit Aluminium als ‚Brennstoff‘ zu erzeugen“, sagt Kombnargi. „Im nächsten Schritt wollen wir nun herausfinden, wie sich dieses Verfahren auch für Lastwagen, Züge und vielleicht sogar Flugzeuge nutzen lässt. Vielleicht könnte man dafür das nötige Wasser aus der Luftfeuchtigkeit gewinnen.“ (Cell Reports Physical Science, 2024; doi: 10.1016/j.xcrp.2024.102121)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology

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