Klima

Wie effizient ist Direct-Air-Capture?

Umwelt-Fußabdruck von Technologien zur CO2-Filterung aus der Luft im Vergleich

Air-CApture
Erste Pilotanlagen zur Entfernung von CO2 aus der Umgebungsluft existieren bereits, wie hier die Direct-Air-Capture-Anlage von Climeworks in der Schweiz. © Gphotography/ Getty images

CO2-Capture im Test: Forscher haben untersucht, wie hoch Energiebedarf, Rohstoffverbrauch und CO2-Ausstoß für zwei gängige Technologien zum Herausfiltern von Kohlendioxid aus der Luft sind. Das Ergebnis: Auf Aminwäsche basierende Niedertemperatur-Anlagen erzeugen pro extrahierter Tonne CO2 rund 0,3 Tonnen CO2 für ihren Energie- und Wärmebedarf. Bei „grünem“ Strom sinkt dies auf 0,15 Tonnen. Hochtemperaturverfahren mit Kalilauge sind dagegen in puncto Umweltwirkung ineffizienter.

Der Klimaschutz hängt dem Soll hinterher, die globalen CO2-Emissionen steigen, anstatt zu sinken. Unter anderem deshalb gelten Technologien zur CO2-Abscheidung aus Abgasen oder der Luft als zunehmend wichtige Ergänzung zur Minderung der CO2-Emissionen. Doch vor allem das direkte Entfernen von CO2 aus der Luft, Direct-Air-Capture (DAC), steht erst am Beginn der Entwicklung. Bisher ist umstritten, wie effizient solche Verfahren in Hinsicht auf Energieverbrauch, CO2-Emissionen und Umwelteinflüssen sind.

Carbon Engineering
Pilotanlage zum Direct-Air-Capture mit Kalilauge als Absorber von Carbon Engineering in British Columbia. © Burke et al. /PNAS

Zwei Air-Capture-Verfahren im Vergleich

Diese Frage haben nun Kavya Madhu und ihre Kollegen von der Universität Freiburg für zwei gängige DAC-Technologien genauer untersucht. Als Beispiele dienten das Air-Capture mittels Aminwäsche (TSA DAC), wie es unter anderem die Firma Climeworks in einer Pilotanlage in der Schweiz praktiziert. Dabei wird das CO2 der Luft durch eine Aminverbindung chemisch gebunden. Durch Erhitzen auf relativ niedrige Temperaturen von rund 100 Grad und bei Unterdruck wird das CO2 wieder vom Absorber gelöst und kann weiterverarbeitet oder im Untergrund gelagert werden.

Das zweite untersuchte Verfahren ist die Hochtemperatur-Extraktion (HAT-aq DAC), wie sie unter anderem in einer Pilotanlage von Carbon Engineering an einem Kraftwerk in British Columbia im Einsatz ist. Dort wird Kalilauge (KOH) als Absorber eingesetzt, die ihre CO2-Fracht bei rund 900 Grad wieder freigibt. Die CO2-Extraktionsrate liegt für diese Anlage bei 42 Prozent, für Climeworks bei rund 90 Prozent. Für ihre Studie verglich das Forschungsteam den Bedarf an Energie, Materialien, Landfläche und Wasser beider Verfahren sowie den resultierenden CO2-Fußabdruck pro aus der Atmosphäre extrahierter Tonne, Megatonne und Gigatonne CO2.

Wie hoch ist der Strombedarf?

Das Ergebnis: Beide Air-Capture -Verfahren benötigen etwa gleich viel Energie für die Extraktion – rund 1.000 Kilowattstunden für eine Tonne CO2. Das sei zwar nicht wenig, aber bei der Verkehrs- und Wärmewende liege der zusätzliche Strombedarf in der gleichen Größenordnung, erklären Madhu und ihre Kollegen.

Entscheidend ist allerdings, wie dieser Strom erzeugt wird: Geschieht dies wie bisher größtenteils mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas, sind beide Verfahren wenig CO2-effizient: Unter dem Strich werden dann für eine Tonne herausgefiltertes CO₂ bei der Aminwäsche rund 0,3 Tonnen CO2-Äquivalente emittiert. Bei der Hochtemperatur-Variante sind es sogar 0,58 Tonnen CO2-Äquivalente. Wird dagegen primär Strom aus erneuerbaren Energien verwendet, liegt steigt die CO2-Effizienz beim TSA-DAC auf rund 86 Prozent, wie das Team ermittelte.

Kleinerer CO2-Fußabdruck für Niedrigtemperatur-Aminwäsche

Ein weiteres Ergebnis: Das Niedrigtemperatur-Verfahren ist insgesamt in puncto CO2-Fußabdruck und Umweltauswirkungen schonender: „TSA-DAC übertrifft die HAT-aq-DAC um den Faktor 1,3 bis 10 in allen Einflusskategorien“, erklären Madhu und ihre Kollegen. „Die Hochtemperatur-Extraktion benötigt mehr Hitze und die kontinuierliche Verarbeitung eines sehr großen Massenflusses, das ebenfalls einen hohen Energiebedarf generiert.“ Dieses Verfahren eigne sich daher besser für die Abgasreinigung, für das es ursprünglich entwickelt wurde.

Den Unterschied demonstrieren die Forschenden durch einen Vergleich der CO2-Effizienz mit dem Umstieg im Verkehrssektor oder der Gebäudeheizung: Das Hochtemperatur-Air-Capture benötigt rund 65 Prozent mehr Energie als der Wechsel von Benzinern zu Elektroautos und 20 Prozent mehr als der Austausch von Gasboilern gegen Wärmepumpen. Beim TSA-Air-Capture liegt der Energiebedarf dagegen im gleichen Bereich wie die Verkehrswende und die Umstellung der Gebäudeheizungen.

Langfristig eine gute Ergänzung – aber kein Ersatz für Klimaschutz

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten demnach zumindest einige Verfahren des Direct-Air-Capture zum Klimaschutz beitragen – sobald ihr Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. „Solange aber die kohlenstoffarme, erneuerbare Energie global eine noch knappe Ressource ist und es genug Optionen zur Emissionsminderung gibt, ist diese kosteneffektiver und umweltschonender als das Direct-Air-Capture“, schreiben Madhu und ihr Team.

Doch wenn die Stromgewinnung und Wirtschaft in ein bis zwei Jahrzehnten bereits weitgehend dekarbonisiert ist, könnte die CO2-Extraktion aus der Umgebungsluft in großem Stil durchaus einen effizienten Beitrag für den Klimaschutz leisten, wie die Wissenschaftler erklären. „Die Luftfilter schaffen viel Klimaschutz auf besonders wenig Platz, das ist angesichts der weltweit knappen Ressource Land ein großer Pluspunkt“, sagt Koautor Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin.

Langfristig sieht das Forschungsteam die CO2-Extraktion daher als geeignete Ergänzung zum Klimaschutz, nicht aber als Ersatz. „Aufgrund der Unsicherheit der tatsächlichen Skalierbarkeit, der Risiken bei der CO2-Speicherung im Gestein und des frühen Entwicklungsstadiums der DAC-Technologien ist die Anwendung bereits etablierter und ähnlich klimaeffizienter Technologien wie Batteriefahrzeuge und Wärmepumpen weiterhin dringend geboten“, betont Madhu. (Nagture Energy, 2021; doi: 10.1038/s41560-021-00922-6)

Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH

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