Auf das Laden kommt es an: Eine verblüffend einfache Maßnahme könnte die Lebensdauer gängiger Lithium-Ionen-Batterien deutlich erhöhen, wie ein Experiment enthüllt. Werden die Akkus demnach mit schnell wechselnder, gepulster Spannung aufgeladen, verringert dies den sonst typischen den Schwund der Ladekapazität. Im Test hielten die Lithium-Ionen-Akkus dadurch doppelt so viele Ladezyklen durch wie normalerweise. Den Grund dafür enthüllten die Analysen.
Sie stecken in Handys, Notebooks und Kameras, aber auch in Elektroautos oder der Elektronik von Flugzeugen: Lithium-Ionen-Batterien sind für die heutige Technik nahezu unverzichtbar. Denn die Akkus haben eine relativ hohe Energiedichte und können oft auf- und wieder entladen werden. Allerdings: Auch das Leben der Lithium-Ionen-Akkus ist endlich: Die besten handelsüblichen Lithium-Ionen-Batterien haben eine Lebensdauer von fünf bis acht Jahren, dann sinkt ihre Ladekapazität unter 80 Prozent – sie werden ineffizient.
Das Problem: Beim Laden und Entladen laufen elektrochemische Reaktionen ab, die das Material der Elektroden auf Dauer schädigen. Es entstehen Mikrorisse und Abschuppungen. Gleichzeitig lagert sich an der Anode zunehmend Lithium ab. Diese wachsende Schicht – das sogenannte Solid Elektrolyt Interface (SEI) – stört die Reaktionen und verringert mit der Zeit die Ladekapazität des Akkus immer mehr. Auch häufiges Schnellladen kann die Lebensdauer der Batterien verkürzen.
Ladeprotokoll im Visier
Eine Lösung für dieses Problem könnten nun Jia Guo von der Humboldt-Universität in Berlin und seine Kollegen gefunden haben. Sie haben untersucht, ob ein geändertes Ladeprotokoll die Degradierung des Lithium-Ionen-Akkus bremsen oder verhindern kann. Bisher erfolgt das Aufladen der Batterien meist durch einen weitgehend konstanten Strom. Das Forschungsteam hat nun untersucht, ob ein schneller Wechsel von Stromzufluss und Pausen die Lebensdauer der Akkus erhöhen kann.
Dafür setzten die Wissenschaftler verschiedene Lithium-Ionen-Akkus des Typs 18650 entweder gängigen konstanten Ladezyklen aus oder aber einem hochfrequent gepulsten Aufladen. Bei letzteren wechselte die Spannung mit der Frequenz von 100 oder 2.000 Hertz.
Doppelte Lebensdauer
Das Ergebnis: Die Lithium-Ionen-Batterien mit dem normalen, konstanten Ladeprotokoll verloren innerhalb von nur 500 Ladezyklen rund 20 Prozent ihrer Kapazität, nach 1.000 Zyklen lag ihre Ladekapazität bei nur noch 37,8 Prozent. „In starkem Kontrast dazu bleibt die Leistung bei gepulstem Aufladen deutlich höher“, berichtet das Team. Bei 100-Hertz-Pulsen waren nach 1.000 Ladezyklen noch 66,5 Prozent Kapazität übrig, bei 2.000 Hertz sogar fast 82 Prozent.
„Die Lebensdauer des Akkus ist bei diesem hochfrequenten Ladeprotokoll damit mehr als doppelt so hoch“, berichten Guo und seine Kollegen. Das Aufladen mit schnell wechselnden Abfolgen von Spannungszufuhr und Pausen scheint demnach die Alterung der Batterien zu verzögern. Aber warum? Das enthüllten nähere Analysen an der Röntgenquelle BESSY II.
Weniger Schäden und Ablagerungen
Die Analysen zeigten deutliche Unterschiede im Innenleben der Akkus nach den verschiedenen Ladeprotokollen: „Das Aufladen mit gepulstem Strom fördert die homogene Verteilung der Lithium-Ionen im Graphit. Dadurch verringert sich die mechanische Belastung und Rissbildung in den Graphitpartikeln, sodass die Graphitanode länger stabil bleibt“, berichtet Koautor Yaolin Xu vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB).
Zusätzlich hemmt die gepulste Ladung auch den Zerfall des Elektrolyten und das Wachstum der störenden SEI-Schicht auf der Graphit-Anode der Batterie. Zwar entstehen auch dabei Ablagerungen, diese sind aber dank eines höheren Anteils organischer Moleküle flexibler und wachsen langsamer, wie das Team feststellte.
Vielversprechender Ansatz
Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet dies einen vielversprechenden und simplen Ansatz, um Lithium-Ionen-Batterien langlebiger zu machen. „Ein gutes Verständnis über den Einfluss von Pulsladung mit verschiedenen Frequenzen auf die SEI-Schicht wird sehr hilfreich sein für die Entwicklung von schonenderen Ladeverfahren“, erklärt Koautorin Julia Kowal von der Technischen Universität Berlin.
Wo genau die optimale Pulsdauer liegt, muss allerdings noch genauer erforscht werden. „Unsere Studie hat bereits gezeigt, dass eine relativ hohe Frequenz von 2.000 Hertz vorteilhaft ist“, erklären Guo und sein Team. „Es wäre daher interessant, noch höhere Frequenzen zu testen.“ (Advanced Energy Materials, 2024; doi: 10.1002/aenm.202400190)
Quelle: Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH
Korrekturhinweis: In einer früheren Fassung wurde der Verlust der Ladekapazität als „Memory-Effekt“ bezeichnet, was nicht korrekt war.