Wässrige Zeitkapsel: Vor der Küste der Malediven haben Forscher erstmals Meerwasser aus der letzten Eiszeit entdeckt. Das 20.000 Jahre alte Salzwasser war in den Poren von unterseeischem Kalkgestein konserviert. Es ist der bisher erste direkte Fund von Meerwasser aus der Zeit des letzten Eiszeitmaximums und liefert wertvolle Einblicke in die Zusammensetzung der damaligen Ozeane, wie die Forscher berichten.
Vor rund 20.000 Jahren waren große Teile der Nordhalbkugel von mächtigen Gletschern bedeckt – die Eiszeit erreichte ihren letzten Höhepunkt. Weil so viel Süßwasser in den Eismassen gebunden war, lag der Meeresspiegel deutlich tiefer als heute und das Meerwasser war salziger. Doch wie genau die Bedingungen in den Eiszeitozeanen aussahen, konnte Forscher bisher nur indirekt schließen – beispielweise aus fossilen Korallen oder der Chemie alter Sedimente.
Zufallsfund im Kalkstein-Bohrkern
Das hat sich nun geändert. Denn Clara Blättler von der University of Chicago und ihr Team haben erstmals im Gestein konservierte Reste des eiszeitlichen Meerwassers entdeckt – per Zufall. Denn eigentlich waren sie mit dem Bohrschiff „JOIDES Resolution“ in den Gewässern vor den Malediven unterwegs, um die Entwicklung des Monsuns anhand von Bohrkernen nachzuvollziehen. Dafür entnahmen die Forscher Bohrproben aus dem Carbonatgestein vor der Küste des Archipels.
Doch als die Forscher mithilfe einer hydraulischen Presse das Porenwasser aus dem Gesteinsbohrkern pressten und dieses analysierten, entdeckten sie Überraschendes: Das Wasser war deutlich salziger als für den heutigen Indischen Ozean normal. „Das war der erste Hinweis darauf, dass wir hier etwas Ungewöhnliches gefunden hatten“, sagt Blättler.
Meerwasser vom Höhepunkt der letzten Eiszeit
Aber was? Um das herauszufinden, analysierten die Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung und die Isotopenverhältnisse des aus dem Bohrkern gewonnenen Porenwassers. Das Ergebnis: „Die erhöhten Chloridwerte und die Isotopenverhältnisse des Wassers deuten darauf hin, dass in diesen Gesteinsschichten Meerwasser aus der Zeit des letzten glazialen Maximums konserviert ist“, berichten die Forscher.
Dieses Meerwasser war demnach bereits rund 20.000 Jahre alt und war während der Eiszeit langsam in die Poren des Kalkgesteins eingesickert und dort konserviert worden. „Alles spricht dafür, dass wir hier ein echtes Stück des 20.000 Jahre alten Ozeans vor uns haben“, sagt Blättler. Das sei die erste direkte Wasserprobe aus einem Ozean dieser Zeit.
Erste Probe des glazialen Ozeans
„Dieses System repräsentiert damit ein einzigartiges Archiv und den bisher direktesten Nachweis eiszeitlichen Meerwassers“, konstatieren die Forscher. Die uralten Wasserreste liefern damit wertvolle Einblicke in die marinen Bedingungen auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit – und sie bestätigen bisherige Vermutungen.
Denn wie in Modellen vorhergesagt, war das Eiszeitmeer deutlich salziger als die heutigen Ozeane. „Weil so viel Süßwasser in den Gletschern gebunden war, müssen die Meere signifikant salziger gewesen sein – und das ist genau das, was wir gefunden haben“, sagt Blättler. Der erhöhte Salzgehalt hatte damals wahrscheinlich auch einen erheblichen Einfluss auf die Meeresströmungen, so die Forscher.
Uralte Wasserreste
Das eiszeitliche Meerwasser ist nicht das älteste in Gesteinsporen entdeckte Wasser, aber die erste Probe aus der letzten Eiszeit. Bereits vor ein paar Jahren hatten Forscher unter der Witwatersrand-Mine in Südafrika ein rund 25 Millionen Jahre altes Wasserreservoir entdeckt. 2013 dann stieß ein Team bei Tiefbohrungen in Kanada sogar auf 1,5 Milliarden Jahre altes Porenwasser – das bisher älteste Wasser der Welt. (Geochimica et Cosmochimica Acta, 2019; doi: 10.1016/j.gca.2019.04.030)
Quelle: University of Chicago