Klima

5. Weltklimabericht gibt keine Entwarnung

IPCC: Klimawandel geht weiter, Ozean trägt momentan die Hauptlast

Veränderung der durchschnittlichen Oberflächentemperatur der Erde von 1901 bis 2012 © IPCC AR5

Die Erwärmung ist unzweifelhaft und wird sich weiter fortsetzen, wenn nichts getan wird – das ist der Tenor der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz der IPCC zum 5. Weltklimabericht. Die Vertreter der Autoren und des IPCC betonen, dass es keinen Grund zur Entwarnung gibt, auch wenn sich die Atmosphäre in den letzten Jahren weniger schnell aufgeheizt als erwartet. Im Gegensatz zum letzten Bericht von 2007 scheinen die Klimaforscher daher ein wenig optimistischer in die Zukunft zu sehen: Sie halten das Zwei-Grad-Klimaschutz-Ziel noch für erreichbar.

Nach dem letzten Weltklimabericht im Jahr 2007 ist es nun das fünfte Mal, dass das geballte Fachwissen und die Daten von Klimaforschern aus aller Welt ausgewertet werden, um die Klima-Entwicklung unseres Planeten zu bilanzieren. 209 Leitautoren und mehr als 600 weitere Autoren aus 36 Ländern sind allein am ersten Teil des 5. Weltklimaberichts beteiligt. Er behandelt die physikalische Basis und damit die gemessene Entwicklung verschiedener Klimaparameter und die Prognosen für den zukünftigen Trend. Auf der heutigen Pressekonferenz wurde zunächst die Zusammenfassung des Berichts, die sogenannte Summary for Policymakers (PDF) , vorgestellt. Am 30. September soll dann der gesamte erste Berichtsteil veröffentlicht werden. Die weiteren Teile, die die Klimafolgen sowie mögliche Maßnahmen betrachten, folgen erst im nächsten Jahr.

Menschlicher Einfluss noch klarer

Die Hauptbotschaft der IPCC ist auch auf der Pressekonferenz schon eindeutig: „Die Erwärmung ist unzweifelhaft. Die Belege für einen menschlichen Einfluss haben seit dem letzten Klimabericht noch zugenommen“, heißt es in den Statements. Der Einfluss des Menschen sei in verschiedensten Komponenten des Klimasystem nachweisbar – und er nimmt weiterhin zu. Dem neuen Bericht nach war jedes der letzten drei Jahrzehnte jeweils wärmer als jede andere Dekade seit Beginn der Industrialisierung. „Auf der Nordhalbkugel waren die Jahre 1983 bis 2012 wahrscheinlich die wärmste 30-Jahresperiode der letzten 1.400 Jahre“, berichten die Klimaforscher.

Cover des 5. Weltklimaberichts des IPCC © IPCC

Wie die Messdaten zeigen, haben auch die Schnee- und Eismassen in den Polargebieten und Gebirgen weiter abgenommen. Der globale Meeresspiegel ist ebenfalls weiter gestiegen – seit 1901 nun um insgesamt 19 Zentimeter. Ungebremst ist ebenfalls der Anstieg der Treibhausgas-Emissionen – und damit auch deren Wirkung auf das künftige Klima. Seit Mitte der 1990er Jahre hat der CO2-Ausstoß um rund die Hälfte zugenommen, zwischen 1995 und 2011 ist er von 23 auf 33 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr gestiegen.

„Die anhaltenden Emissionen von Treibhausgasen werden eine weitere Erwärmung und Veränderungen in allen Komponenten des Klimasystems nach sich ziehen“, erklärt Thomas Stocker, einer der beiden Leiter der Arbeitsgruppe, die den ersten Berichtsteil erstellt hat.

Zwei Grad Ziel noch in Reichweite – wenn etwas getan wird

Konkret ergaben die Berechnungen, dass die Erwärmung der Erdoberfläche bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich in allen außer den günstigsten Szenarien 1,5 Grad überschreiten wird. Wird nichts oder nicht viel für den Klimaschutz getan, wie in dreien der Klimaszenarien der Fall, könnte auch die Zwei-Grad-Marke überschritten werden, so die Klimaforscher. „Den Klimawandel zu begrenzen wird substanzielle und anhaltende Reduktionen der Treibhausgase erfordern“, betont Stocker.

Beschleunigen soll sich nach den Prognosen der IPCC-Forscher der Anstieg des Meeresspiegels: „Er wird mit schnellerer Rate steigen als wir es in den letzten 40 Jahren erlebt haben“, erklärt Qin Dahe, der zweite Leiter der Arbeitsgruppe 1. Er udn seine Kollegen gehen davon aus, dass der Meeresspiegel bis 2100 je nach Verlauf der CO2-Emissionen um weitere 30 bis 100 Zentimeter steigen wird.

Und auch in Bezug auf die konkret spürbaren Klima-Auswirkungen gibt es kaum Abweichungen zur Botschaft der letzten Berichte: „Im Zuge eines sich erwärmenden Planeten erwarten wir, dass heute regenreiche Regionen noch mehr Niederschläge erhalten werden, die trockenen dagegen weniger“, erklärt Stocker. Auch Hitzewellen werden künftig häufiger und langanhaltender.

Die Temperatur der Erdoberfläche ist seit 1998 langsamer gestiegen. © IPCC

Erwärmung der Lufthülle hat sich verlangsamt

Ein heikler Punkt aber hatte schon im Vorfeld zu Spekulationen geführt: Die Tatsache, dass sich die Erdatmosphäre in den letzten 15 Jahren weniger erwärmt hat als es die Modelle vorhersagen. Während die Temperatur zwischen 1950 und 1990 um rund 0,2 Grad pro Jahrzehnt zunahm, steigt sie seit 1998 nur noch um rund 0,05 Grad pro Dekade. Das bringt die Klimaforscher in Erklärungsnöte. Denn diese Verlangsamung der Erwärmung tritt auf, obwohl die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre unvermindert weiter steigt.

Für Klimaskeptiker ist dies ein gefundenes Fressen. Denn sie bezweifeln ohnehin, dass der Mensch und seine CO2-Emissionen schuld sind am Klimawandel. Doch die IPCC widerspricht dem nun eindeutig. „Wer auf Entwarnung beim Treibhauseffekt gehofft hat, wird enttäuscht“, kommentierte Olaf Tschimpke, Präsident der Umweltorganisation NABU. „Auch wenn die Erwärmung der Landflächen zeitweise langsamer vorangeht, so sind die Auswirkungen des ungebremsten CO2-Anstiegs in der Atmosphäre drastischer als bislang angenommen.“

Ozean als Wärmeschlucker?

Eine mögliche Ursache für die verlangsamte Erwärmung der Atmosphäre sehen die IPCC-Forscher in den Ozeanen: Denn die Meere haben sich in den letzten Jahren überproportional stark erwärmt. Sie könnten daher wie eine Art Wärmeableiter für das Klimasystem gewirkt haben. „Der Bericht stellt mit hoher Sicherheit fest,,dass die Erwärmung der Ozeane einen Großteil der zunehmenden Energie im Klimasystem aufgenommen hat“, erklärt Dahe. „Dieser Effekt macht mehr als 90 Prozent der Energie aus, die sich zwischen 1971 und 2010 angesammelt hat.“

Für die Lufthülle des Planeten bedeutet dies eine Entlastung, nicht aber für die Ozeane. Denn sie tragen momentan offenbar die Hauptlast des Klimawandels. Nach dem bereits erwärmten Oberflächenwasser könnte künftig auch die Tiefsee messbare Temperaturveränderungen aufweisen. Der anhaltende Anstieg der CO2-Werte in der Atmosphäre führt zudem dazu, dass die Versauerung des Meerwassers weiter zunimmt. Für viele kalk- und schalenbildende Tiere wie Korallen, Schnecken und Muscheln wäre dies fatal.

(IPCC, 27.09.2013 – NPO)

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