Gravitation statt Kamera
Bei ihrem Start war die GRACE-Mission geradezu revolutionär: „Die völlig neue Idee bei GRACE war, dass man Messungen der Masse nutzen könnte, um Informationen über das System Erde zu gewinnen“, sagt der leitende Wissenschaftler Byron Tapley von der University of Texas in Austin. Als eine der wenigen Erdbeobachtungsmissionen basierte GRACE nicht auf von der Erde ausgesandter oder reflektierter elektromagnetischer Strahlung. Stattdessen ermittelten die Zwillingssatelliten winzige Veränderungen im Schwerefeld der Erde.

Eisverluste in der Arktis und Zunahme der Geoidhöhe in Nordamerika durch eine Hebung der Erdkruste. © GFZ
Das Prinzip dahinter: Je größer die Masse eines Objektes ist, desto größer ist auch dessen Anziehungskraft. So üben die Alpen beispielsweise eine höhere Anziehungskraft aus als die norddeutsche Tiefebene. Wenn Satelliten die Erde umkreisen und auf eine massereiche Region zufliegen, dann beschleunigen sie minimal. Entfernen sie sich davon, verlangsamt sich ihr Flug.
Indem die beiden Zwillingssatelliten von GRACE ihren relativen Abstand zueinander und ihre Geschwindigkeit ständig mithilfe von Mikrowellen überwachen, können sie über diese winzigen Veränderungen die lokale Gravitation und ihre Veränderungen messen. „Wir konnten sozusagen wiegen, wie die Kontinente von einem Monat zum anderen abnehmen oder zunehmen“, veranschaulicht GRACE-Projektleiter Achim Friker vom DLR Raumfahrtmanagement in Bonn.
Nicht mehr genügend Strom
Doch so erfolgreich GRACE auch war, jetzt ist ihr Ende gekommen. Aufgrund des altersbedingten Ausfalls einer Batteriezelle im GRACE-2- Satelliten hatte die Bodenstation bereits im September vorübergehend den Kontakt zum Satelliten verloren. Es gelang zwar, die Verbindung wiederherzustellen, doch im Oktober wurde deutlich, dass selbst bei voller Sonneneinstrahlung und entsprechender Leistung der Solarzellen die verbleibende Batteriekapazität von GRACE-2 nicht mehr ausreicht.
Der gemeinsame Lenkungsausschuss der Mission hat daher beschlossen, dass GRACE-2 außer Betrieb genommen wird. Der Satellit fliegt derzeit in rund 306 Kilometern Höhe – rund 1,3 Kilometer unterhalb der Flugbahn von GRACE-1. Durch die Reibung wird der Satellit ohne Treibstoff bald an Höhe verlieren. „Wir gehen davon aus, den Kontakt zum Satelliten bis kurz vor Wiedereintritt in die Atmosphäre zu halten. Allerdings wird es während dieser Zeit immer wieder Phasen geben, in denen wir aufgrund der niedrigen Batteriespannung nicht mit dem Satelliten kommunizieren können“, so GRACE-Missionsmanager Sebastian Löw.

Die Nachfolger stehen schon bereit: GRACE Follow-On soll im Frühjahr 2018 starten © Astrium
Wiedereintritt im November
Voraussichtlich Mitte bis Ende November soll GRACE-2 in die Erdatmosphäre eintreten und verglühen. Es wird erwartet, dass kleine Bruchstücke diesen Wiedereintritt überstehen und die Erdoberfläche erreichen. Das Risiko, dass dadurch jemand zu Schaden kommt, sei jedoch minimal. Ein Kollisionsrisiko mit GRACE-1 bestehe zudem nicht, wie die Experten betonen. Die Flugbahn von GRACE-2 stelle auch keine Gefahr für andere aktive Satelliten dar.
Der Schwestersatellit GRACE-1 wird vorerst weiter betrieben. Mit verschiedenen Manövern sollen die Beschleunigungssensoren kalibriert werden – diese Daten werden die wissenschaftliche Ausbeute der 15-jährigen Messreihe von GRACE noch einmal verbessern. Anschließend wird GRACE-1 ebenfalls außer Betrieb genommen und zu Beginn des Jahres 2018 in die Erdatmosphäre zurückkehren.
Im Frühjahr 2018 soll die Nachfolgemission GRACE Follow-On mit einer Falcon 9-Rakete der US-Firma SpaceX starten. Diese führt die Schwerefeld-Messungen weiter. Wie bei GRACE geschieht dies mithilfe von Mikrowellen, wird aber durch eine zusätzliche Messung mit Lasern ergänzt, was die Genauigkeit weiter erhöhen soll.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, 30.10.2017 – NPO)
30. Oktober 2017