
Gutartiger Knochentumor im zwei Millionen Jahre alten Brustwirbel eines Australopithecus sediba-Kindes © Paul Tafforeau/ESRF
Den Knochentumor des Australopithecus sediba entdeckten die Forscher in einem Wirbelknochen eines etwa zwölfjährigen Kindes, dessen Skelett sie aus der Malapa-Höhle nordwestlich von Johannesburg geborgen hatten. Als sie den Knochen mit Hilfe eines speziellen Röntgen-Mikrotomografen durchleuchteten, fiel ihnen eine auffällige Knochenveränderung am rechten hinteren Wirbelfortsatz auf.
Sediba-Kind mit Wirbelwucherung
Nähere Analysen ergaben, dass es sich um einen gutartigen, aber wahrscheinlich dennoch schmerzhaften Knochentumor handelte. „Diese neoplastische Läsion war chronisch und zum Todeszeitpunkt des Kindes noch aktiv“, berichten die Forscher. Durch seine Lage im Brustwirbel müsse die Knochenzerstörende Wucherung dem Jungen beträchtliche Schmerzen bei Bewegungen der Schulter und des oberen Rückens bereitet haben.
„Die Präsenz eines gutartigen Tumors bei Australopithecus sediba ist faszinierend“, sagt Randolph-Quinney. „Nicht nur, weil wir sie im Rücken gefunden haben, was heute für diese Erkrankung eine sehr seltene Stelle ist, sondern auch, weil ein Kind daran erkrankte. Dies ist der erste Beleg in der gesamten Menschheitsgeschichte für einen solchen Tumor bei einem Kind.“ Und es ist der früheste Fall einer Tumorerkrankung bei einem Hominiden überhaupt.

Die Wucherung am Fußkncohen hat die typisch blumenkohlartige Form eines bösartigen Osteosarkoms © Edward Odes/ University of the Witwatersrand
Ältester bekannter Krebsfall
Ebenfalls ein historischer Erstfall ist der bösartige Knochentumor, den die Forscher im Fuß eines 1,7 Millionen Jahre alten, nicht näher bestimmten Vormenschen entdeckten. Die Mikrotomografie enthüllte eine knollige, blumenkohlartige Wucherung an einem Mittelfußknochen des bei Ausgrabungen in Swartkrans gefundenen Fossils.
Die Forscher identifizierten diese Wucherung als Osteosarkom, eine aggressive Form des Knochenkrebses, die häufig bei jüngeren Menschen auftritt und unbehandelt schnell zu Tode führt. Dieser Fund ist damit der älteste bekannte Beleg für eine Krebserkrankung in der Menschheitsgeschichte.
„Wir wissen nicht, ob dieser Fuß zu einem Kind oder Erwachsenen gehörte oder ob er den Tod dieses Vormenschen verursachte“, sagt Koautor Bernhard Zipfel von der University of the Witwatersrand. „Aber wir können sagen, dass der Krebs schmerzhaft war und diesen Menschen beim Laufen und Rennen beeinträchtigt haben muss.“
Krankheit mit uralten Wurzeln
„Die moderne Medizin nimmt gerne an, das Krebs und Tumoren beim Menschen Krankheiten sind, die durch die moderne Lebensweise und Umwelt verursacht werden“, sagt Edward Odes von der University of the Witwatersrand. „Unsere Studien zeigen, dass die Ursprünge dieser Krankheiten bei unseren urzeitlichen Vorfahren liegen – Millionen Jahre bevor es modere Industriegesellschaften gab.“
Gleichzeitig demonstrieren die Funde, dass Tumorerkrankungen schon früher auch bei jüngeren Menschen auftraten. „Die Geschichte der Krebserkrankungen und Tumore ist demnach eindeutig komplexer als man bisher angenommen hat“, erklärt der Anthropologe Lee Berger von der University of the Witwatersrand, der bei beiden Funden federführend war. (South African Journal of Science, 2016; doi: 10.17159/sajs.2016/20150471)
(University of the Witwatersrand, 01.08.2016 – NPO)
1. August 2016