Dass der knapp 350 Quadratkilometer große Ohrid-See in Mazedonien sehr alt ist, wusste man schon länger. Eine neue Tiefbohrung zeigt jetzt: Er ist der älteste See Europas. Er existiert in seiner heutigen Form schon mehr als eine Million Jahre, wie Kölner Forscher berichten. Das erklärt, warum in ihm viele Tiere leben, die sonst nirgendwo vorkommen: Sie entwickelten sich lange Zeit isoliert von anderen Gewässern und deren Bewohnern.
Der Ohrid-See gilt als einer der artenreichsten der Erde – warum es in ihm mehr als 200 Arten gibt, die nur dort vorkommen, ist aber bisher unklar. Das Wasser des Sees wird nicht von einem Fluss gespeist, sondern vor allem aus zahlreichen kleinen Bächen, die in den Gebirgen am Seerand aus Quellen entspringen. Entstanden ist der fast 300 Meter tiefe See durch einen Grabenbruch entlang einer tektonischen Verwerfung. Schon früher vermutete man anhand geologischer Hinweise, dass der Ohrid-See bereits im Pliozän gebildet worden sein könnte, vor mehr als 2,6 Millionen Jahren.
Das Projekt SCOPSCO (Scientific Collaboration On Past Speciation Conditions in Ohrid) hat zum Ziel, die Geschichte dieses Sees und seiner Bewohner genauer zu erforschen und auch seine Entstehung genauer zu datieren. In der aktuellen Bohrung konnte das Team nun rund 565 Meter tief in die Seesedimente eindringen, bevor grobe Kiese und Geröll ein weiteres Vorankommen stoppten. Die Analyse dieser Gesteine zeigte, dass sie aus der Zeit vor über einer Million Jahren stammen. In rund 400 Metern Tiefe stießen die Forscher zudem auf das Fossil einer mehr als eine Million Jahre alten Dreikantmuschel.
„Der Ohrid-See besteht in seiner heutigen Form seit deutlich mehr als einer Million Jahren“, sagt SCOPSCO-Projektleiter Bernd Wagner von der Universität Köln. „Das können wir nach der ersten Analyse der gewonnenen Bohrkerne bereits sagen. Auf ein genaues Alter wollen wir uns zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht festlegen.“ Es sei aber extrem unwahrscheinlich, dass sich unter den Kiesen und Geröllen an der Basis des Bohrkerns ältere Seesedimente finden, die auf die längere Existenz eines Sees an gleicher Stelle hinweisen.
Die insgesamt drei Bohrungen an der Bohrstelle DEEP geben nicht nur einen Einblick in die Geschichte des Sees, sie liefern auch wertvolle Informationen über die Vergangenheit der gesamten nördlichen Mittelmeerregion. „Informationen von Vulkanausbrüchen in Italien werden uns ermöglichen, Ascheschichten in den Kernen exakt zu datieren und gleichzeitig erlaubt uns der Kern umgekehrt, das Alter bisher unbestimmter Vulkanausbrüche zu benennen“, erklärt Wagner.
(Universität zu Köln, 07.05.2013 – NPO)