99 Millionen Jahre alte Zähne eines kleinen Säugetiers haben sich als Relikte des ältesten europäischen Beuteltiers entpuppt. Die im Südwesten Frankreichs entdeckten Fossilien werfen ein neues Licht auf die Entwicklungs- und Ausbreitungsgeschichte der frühen Beuteltiere, wie französische Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten.
In Bezug auf die Geschichte der ersten modernen Säugetiere während der Kreidezeit ist Europa nahezu eine Terra incognita. Aus dem Zeitraum von vor 125 bis 84 Millionen Jahren waren bisher überhaupt keine Fossilien bekannt, aus der Zeit danach bis zum Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren nur sehr wenige. Jetzt allerdings hat ein neuer Fund im Südwesten Frankreichs völlig neue Einblicke in die frühe Geschichte der Säugetiere und darunter vor allem der Beutelsäuger (Marsupialia) geliefert.
99 Millionen Jahre alte Zähne
Ein Wissenschaftlerteam der Universit von Rennes und der Forschungsorganisation CNRS entdeckten bei Ausgrabungen in der Charente-Maritime einige Zähne inmitten von Unmengen Sedimentgesteins, die von einem winzigen Säugetier stammen mussten. Die Datierung sorgte für eine Sensation, denn die Zähnchen entpuppten sich als 99 Millionen Jahre alt. Damit ist Arcantiodelphys marchandi, wie die neue Art getauft wurde, der älteste Vertreter der modernen Säugetiere in Europa.
Ältestes Zeugnis eines europäischen Beuteltiers
Doch nicht nur das, der kleine Säuger gehörte auch zu einer in Europa bisher aus der Kreidezeit noch gar nicht nachgewiesenen Gruppe: den Beuteltieren. Die fossilen Zähne gehören damit auch zu den weltweit ältesten und primitivsten Zeugnissen dieser Tiergruppe. Nach gängiger Theorie entwickelten sie sich als Schwestergruppe der Plazenta tragenden Säugetiere im Laufe der Kreidezeit, als ältester Vertreter galt ein 100 Millionen Jahre altes Relikt aus Nordamerika.
Nach Ansicht der Forscher deutet der Fund von Arcantiodelphys marchandi nun darauf hin, dass sehr frühe Formen der Beuteltiere damals auch schon in Europa lebten und in der mittleren Kreidezeit mit ihren nordamerikanischen „Vettern“ in Verbindung standen. Vermutlich waren es einfache Beuteltiere dieser „Euramerikanischen Phase in der Kreidezeit, die sich zu moderneren Formen entwickelten und allmählich auch die südlichen Kontinente besiedelten. Während sie in Australien bis heute überlebten, wurden sie auf allen anderen Kontinenten durch die plazentalen Säuger weitgehend verdrängt und starben fast alle aus.
(CNRS, 10.11.2009 – NPO)