Verräterische Hitzeausbrüche: Forscher haben den bisher überzeugendsten Beweis für einen aktiven Vulkanismus auf der Venus entdeckt. Die ESA-Raumsonde Venus Express registrierte vier Stellen auf der Oberfläche, die innerhalb weniger Tagen heiß wurden und sich dann wieder abkühlten. Da diese Stellen an einer tektonischen Riftzone liegen, spreche dies für aktive Lavaaustritte, berichten die Forscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“.
Dass die Venus noch vor rund 500 Millionen Jahren vulkanisch aktiv war, ist nicht zu übersehen. Denn Vulkankegel und erstarrte Lavaströme bedecken ihre Oberfläche. Aber ist der Schwesterplanet der Erde heute noch immer vulkanisch aktiv? Wegen der dichten, heißen Wolkenschicht ließ sich das bisher nicht eindeutig feststellen.
2010 allerdings registrierte der Infrarot-Detektor der ESA-Raumsonde Venus Express mehrere Hotspots mit auffallend erhöhter Temperatur auf der Venus-Oberfläche. Drei davon lagen in bekannten Vulkanregionen des Planeten. Die Forscher vermuteten damals, dass es sich um relativ frische, aber bereits erstarrte Lavaströme handeln könnte. Zudem zeigten die Daten schwankende Schwefeldioxid-Werte in der Atmosphäre – auch das könnte ein Hinweis auf aktiven Vulkanismus sein.
Hotspots werden heißer und kälter
Jetzt könnten Eugene Shalygin vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und seine Kollegen erstmals Venus-Vulkane auf frischer Tat ertappt haben. Denn eine Kamera der Sonde Venus Express registrierte vier Stellen auf der Oberfläche, die innerhalb von wenigen Tagen ihre Wärmestrahlung veränderten. „Wir haben mehrere Ereignisse gesehen, bei denen ein Fleck auf der Oberfläche plötzlich heißer wurde und dann wieder abkühlte“, berichtet Shalygin. „Das ist das erste Mal, dass wir dort diese Veränderung von Tag zu Tag sehen.“
Die Größe der heißen Stellen lässt sich bisher nur grob abschätzen, da diese Daten an der Auflösungsgrenze des Instruments liegen. Sie sind aber wahrscheinlich zwischen einem und 200 Quadratkilometer groß, wie die Forscher berichten. Für einen dieser Hotspots ermittelten die Forscher eine Höchsttemperatur von 830 Grad Celsius – deutlich höher als der globale Durchschnitt von rund 480 Grad.
Lava-Austritte an tektonischer Riftzone?
Die Hotspots liegen entlang der sogenannten Ganiki Chasma Riftzone, ganz in der Nähe der Vulkane Ozza Mons und Maat Mons. Riftzonen sind Nahtstellen der Kruste, an denen in der Tiefe Magma aufsteigt und die Kruste auseinander drückt. Ähnlich wie an den mittelozeanischen Rücken der Erde kann dieses Magma auch bis an die Oberfläche dringen und dann als Lava ausströmen.
„Wir wussten, dass Ganiki Chasma vulkanisch aktiv war – und dies nach geologischen Maßstäben erst kürzlich“, erklärt Koautor James Head von der Brown University in Providence. „Die jetzt von Venus Express entdeckten Anomalien liegen genau dort, wo wir diese relativ jungen Ablagerungen gefunden haben. Sie deuten auf eine noch anhaltende Aktivität hin.“
„Es sieht ganz so aus, als könnten wie die Venus in den exklusiven Club der Himmelskörper im Sonnensystem aufnehmen, die noch heute vulkanisch aktiv sind“, sagt Håkan Svedhem von der ESA. „unsere Studie zeigt, dass die Venus, unser nächster Nachbar, noch heute aktiv ist und sich verändert – das ist ein wichtiger Schritt auf unserer Erforschung der Geschichte dieses und unseres Planeten.“ (Geophysical Reseaqrch Letters, 2015; doi: 10.1002/2015GL064088)
(ESA, 19.06.2015 – NPO)