Neuer Kontinent: Schon 150 Jahre vor Kolumbus trugen Seefahrer offenbar Gerüchte von einem Land westlich von Grönland nach Italien. Das belegt eine Chronik aus dem Jahr 1345, in der ein Mailänder Mönch ein noch kaum erkundetes Land namens „Marckalada“ beschreibt. Dies entspricht dem nordischen „Markland“ – dem Namen, den die Wikinger und ihre Nachfahren Nordamerika gaben.
Als Christoph Kolumbus im Jahr 1492 von Spanien aus nach Westen aufbrach, wollte er der Überlieferung nach Indien erreichen – und entdeckte stattdessen Amerika. Doch heute ist klar, dass der aus Genua stammende Seefahrer keineswegs der erste Europäer war, der die Neue Welt erreichte. Fast 500 Jahre früher waren schon Wikinger von Grönland aus zur nordamerikanischen Küste gesegelt und hatten auf Neufundland sogar Siedlungen angelegt. In den nordischen Überlieferungen tauchen die Küsten der Neuen Welt als Markland und Vinland auf.

Was wusste man im Mittelmeerraum?
Doch für die Menschen im Mittelmeerraum blieb die Region jenseits des Atlantik bis ins späte Mittelalter eine Terra incognita – so jedenfalls die gängige Annahme. „Es gibt keine Indizien dafür, dass die Texte, die diese Gebiete erwähnen, bis in den Süden Europas verbreitet waren“, erklärt Paolo Chiesa von der Universität Mailand. Selbst die Existenz von Grönland schien damals im Mittelmeerraum weitgehend unbekannt.
Aber wie sich nun zeigt, stimmt dies nur in Teilen. Denn schon um 1345 existierte in Italien sogar das schriftliche Zeugnis von einem Land jenseits des Atlantiks und westlich von Grönland, wie Chiesa herausgefunden hat. Entdeckt hat er dies in einem Manuskript aus dem 14. Jahrhundert, das ein unvollendetes Werk des Mailänder Domikanermönchs Galvaneus Flamma enthält. Dieser hatte in seiner „Cronica universalis“ den Versuch unternommen, die komplette Weltgeschichte darzulegen.