Geowissen

Anden: Kupferverarbeitung begann früher als gedacht

Schon vor 2700 Jahren schmolzen die frühen Kulturen Südamerikas Kupfererze

Blick auf den Gletscher des Nevado Illimani in Bolivien. In seinem Eis fanden Forscher den Staub aus früher Kupferverarbeitung © Paul Scherrer Institut/ Theo Jenk

Verräterischer Kupferstaub: Die frühen Kulturen Südamerikas begannen schon früher als bisher gedacht mit der Kupferverarbeitung. Bereits vor 2.700 Jahren schmolzen die Andenbewohner Kupfererz, wie Staubablagerungen im Gletschereis belegen. Die Kupfermetallurgie hat damit in der Andenregion eine Geschichte, wie lange vor den Inka und den spanischen Eroberern begann, wie Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.

Kupfer ist eines der ersten Metalle, aus denen unsere Vorfahren Schmuck, Gebrauchsobjekte oder Waffen herstellten. Im Nahen Osten reicht die Geschichte die Kupferverarbeitung sogar schon gut 7.000 Jahre zurück, in Pakistan entdeckten Forscher ein 6.000 Jahres altes Kupferamulett. Weitaus weniger bekannt ist dagegen, wann die Menschen in Südamerika mit der Kupferverarbeitung begannen. Zwar spielte das Metall neben Gold und Silber in den Hochkulturen der Moche, Inka und Azteken eine entscheidende Rolle. Doch aus der Zeit davor gibt es kaum archäologische Funde.

Gletschereis als Zeitzeuge

„Wann die Kupfer-Metallurgie in Südamerika begann, ist daher umstritten“, erklären Anja Eichler vom Paul Scherrer Institut in Villigen und ihre Kollegen. Um diese Frage zu klären, haben sie nach indirekten Belegen für die Verhüttung von Kupfererz gesucht – in einem Eisbohrkern aus dem Ilimani-Gletscher in den bolivianischen Anden.

In dem 139 Meter langen Eisbohrkern ist Eis aus den letzten rund 6.500 Jahren konserviert – und mit ihm auch Staub und andere Luftverschmutzungen, die zu den jeweiligen Zeiten auf den Gletscher geweht wurden. Für ihre Studie schmolzen die Forschenden Schicht für Schicht des Bohrkerns ein und analysierten das Schmelzwasser mit einem Massenspektrometer.

Phasen der Anreicherung von Kupferstaub aus der Metallverhüttung (grün)im Gletscheis. Sie treten während der Blütezeit der präkolumbianischen Kulturen Chavin/Chiripa, während der Tiwanaku/Wari/Moche-Kulturen und der Inkazeit, sowie im Verlauf der Kolonialzeit und im 20. Jahrhundert auf. © Paul Scherrer Institut/ Anja Eichler

Kupferschmelze schon vor 2.700 Jahren

Die Auswertung ergab: Schon vor rund 2.700 Jahren muss es in der Andenregion eine Kupferverarbeitung in Schmelzöfen oder offenen Feuern gegeben haben. Denn etwa um 700 vor Christus stieg die Ablagerung von Kupferstaub im Eis deutlich an und blieb bis etwa 50 vor Christus erhöht. Damit muss die Kupferverarbeitung schon früher begonnen haben, als anhand der archäologischen Funde angenommen.

„Bemerkenswert ist, dass diese Anreicherung vor gut 2000 Jahren sogar stärker war als während der Kolonialzeit“, berichten Eichler und ihre Kollegen. Sie vermuten, dass dies an der anfangs noch primitiven Technik der Kupferverarbeitung liegt: „Wahrscheinlich wurde damals Kupfererz wie Malachit über offenen Feuern geschmolzen“, erklären die Forscher. „Das ist nicht sehr effizient für die Kupfergewinnung, erzeugt aber starke Emissionen.“

Zwei Kulturen als Pioniere

Doch wer waren die frühen Kupfer-Metallurgen? Wie die Wissenschaftler erklären, gab es vor rund 2.700 Jahren zwei Kulturen im Umfeld des Andengletschers. In den peruanischen Anden siedelte die Chavin-Kultur, eine der ersten Zivilisationen in dieser Region. In der Nähe des Titicacasees existierte die Chiripa-Kultur, eine bereits komplexe, hierarchisch gegliederte Gesellschaft.

Nach Ansicht von Eichler und ihren Kollegen könnten beide Kulturen vor rund 2.700 Jahren die Verarbeitung von Kupfererz entwickelt haben. Auf der Suche nach archäologischen Zeugnissen, stieß Eichler immerhin auf zwei Kupferartefakte aus jener Zeit: eine verbogene Kupfernadel der Chiripa-Kultur und ein in Bolivien entdecktes Armband, dessen Kulturzugehörigkeit bisher unbekannt ist.

Mit einer Figur geschmücktes Griffende eines Kupfermessers aus der Moche-Kultur © Walters Art Museum

Moche, Inkas und Konquistadoren

Die Analysen des Eisbohrkerns verrieten auch, wie es mit der Kupferverarbeitung in der Andenregion weiterging: Ab der Zeitenwende gab es zunächst einige Jahrhunderte lang so gut wie keinen Kupferstaub aus menschlichen Quellen mehr. Nach Niedergang der Chavin- und Chiripa-Kulturen geriet die Metallurgie offenbar in Vergessenheit.

Das änderte sich erst mit dem auf dem Höhepunkt der Moche-Kultur um etwa 500 nach Christus. Von ihr ist bekannt, dass sie bereits Keramiköfen zum Metallschmelzen nutzen und selbstkomplexe Gegenstände aus Kupfer und Kupferlegierungen herstellten. Unter den archäologischen Funden sind Messer, Nadeln und Gürtelschnallen aus reinem Kupfer, aber auch Kopfschmuck und Halsreifen aus einer Gold-Silber-Kupfer-Legierung.

Auf die Spuren der Moche-Kultur folgte nach einer erneuten Pause von einigen hundert Jahren zwei weitere Peaks in den Kupferablagerungen: Der erste liegt in der Zeit zwischen 1400 und 1500 und stammt von den Inka, wie die Forscher berichten. Eine zweite Ablagerungsphase von 1600 bis 1750 spiegelt die Eroberung des Kontinents durch die Spanier wider. Von diesen ist bekannt, dass sie vor allem durch den Silberabbau große Mengen an giftigen Schwermetallen freisetzten. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/srep41855)

(Paul Scherrer Institut (PSI), 03.02.2017 – NPO)

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