Zoologie

Antarktische Raubmöwen überwintern flexibel

Ornithologen klären Flugrouten von Skuas auf

Südpolar-Skua mit GLS-Logger am rechten Bein. © Matthias Kopp / FSU

Bei der Wahl ihres Winterquartiers zeigen sich antarktische Raubmöwen ziemlich flexibel. Das belegt jetzt eine neue Studie eines internationalen Forscherteams. Demnach verbringt ein Großteil der so genannten Südpolar-Skuas den antarktischen Winter im Nordatlantik, während etwa ein Drittel der Tiere der gleichen Art, zehntausende Kilometer entfernt, im Nordpazifik überwintern.

Um die Flugrouten der Vögel zu bestimmen, haben die Forscher um Hans-Ulrich Peter und Matthias Kopp von der Universität Jena seit 2006 Südpolar-Skuas in ihren Brutgebieten auf King George Island, rund 120 Kilometer vor dem antarktischen Festland, mit Datenloggern versehen. Sie zeichneten die Positionsdaten der Vögel über mehrere Jahre auf und werteten sie gemeinsam mit britischen und Schweizer Kollegen aus.

Südpolar-Skuas überwintern auf der Nordhalbkugel

„Anhand dieser Daten können wir jetzt erstmals eindeutig sagen, dass die Südpolar-Skuas nicht, wie ihre nahen Verwandten die Braunen Skuas, vor der Küste Argentiniens, sondern überwiegend auf der Nordhalbkugel überwintern“, macht Studienleiter Peter deutlich. Wo die Tiere Quartier beziehen und auf welchen Routen sie ihre Winterdomizile ansteuern, darüber konnten die Forscher bisher lediglich spekulieren.

„Die Beobachtungen einzelner Tiere ließ uns zwar vermuten, dass die Tiere im Atlantik überwintern. Dass ein erheblicher Teil von ihnen sich im Winter in der Mitte des Nord-Pazifiks aufhält, war bisher jedoch nicht bekannt“, so der Jenaer Wissenschaftler.

Ganz gleich, welchen Ozean die Vögel zum Überwintern ansteuern, ihre Flugrouten weisen den Forschern zufolge beachtliche Übereinstimmungen auf: So verlaufen die Flugrouten nach Norden und die Rückreise nach Süden jeweils in Form einer Schleife, die sich auf Höhe des Äquators kreuzen. Zusammen betrachtet, beschreiben die Tiere auf ihrem Flug eine große „Acht“.

Drei Monate auf offener See

Während die Skuas, die ihr Winterquartier im Atlantik haben, zunächst in einem breiten Korridor entlang der Ostküste Südamerikas gen Norden fliegen, ändern sie – nachdem sie den Äquator passiert haben -, die Richtung und schwenken nach Nordwesten ein. Ende Mai erreichen sie ihr Quartier im Nordatlantik.

Mit dem Wind und der Meeresströmung wandern sie während der drei Monate, die sie hier auf offener See verbringen, mehr als 1.000 Kilometer ostwärts, bevor sie Ende August den Rückflug antreten. Vor der Ankunft in ihrem Brutgebiet auf King Georg Island legen sie nach Angaben der Ornithologen jedoch noch einen Zwischenstopp ein: Bis zu drei Wochen lang rasten die Vögel vor der Küste Patagoniens und füllen dort ihre Kraftreserven auf.

Wichtige Ruhephasen

Auch die Flugroute in den Nordpazifik führt zunächst entlang der Küste Südamerikas und wechselt über dem Äquator die Richtung gen Nordwesten, so die Forscher. Mitte Mai – zwei Wochen früher als ihre Artgenossen, die im Atlantik überwintern – erreichen die Skuas ihr Winterquartier im Pazifik. Auch hier lassen sich die Tiere bis Ende August von Wind und Wellen bis zu 3.000 Kilometer ostwärts treiben.

Der Rückweg führt sie in einem weiten Bogen südwestwärts in Richtung Neuseeland und schwenkt schließlich in südöstlicher Richtung auf den Antarktischen Kontinent ein. Auch diese Vögel rasten einige Tage, bevor sie in ihr Brutgebiet zurückkehren. „Wir vermuten, dass die Tiere diese Ruhephase brauchen, um sich von den Strapazen der langen Reise durch die nahrungsarmen Tropen zu erholen“, sagt Peter.

Skuas sind „ihrem“ Ozean treu

Haben sich die Skuas einmal für einen Ozean als Winterquartier entschieden, dann steuern sie diesen nach den Ergebnissen der Forscher auch in den folgenden Jahren immer wieder an. Was für die Tiere letztlich ausschlaggebend ist, sich für eine Richtung zu entscheiden, das können die Ornithologen bisher noch nicht sagen.

„Fest steht, dass sich die Tiere selbstständig orientieren und die Route nicht von den Eltern erlernen“, meint Peter. Für ihn und seine Kollegen bleiben also noch einige Fragen offen. Deshalb wird der Jenaer Wissenschaftler auch in diesem Jahr, in dem sich die Ankunft Roald Amundsens als erstem Menschen am Südpol zum 100. Mal jährt, selbst zu einer Forschungsreise in die Antarktis aufbrechen. Zwei seiner Studenten sind schon jetzt vor Ort und haben die ersten Skuas gefangen.

(Universität Jena, 08.12.2011 – DLO)

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