Paläontologie

„Anti-Aging-Geheimnis“ der Geiseltal-Frösche gelüftet

Wie Froschhaut aus Deutschland 45 Millionen Jahre lang überdauert hat

Toter Frosch
So könnten die Geiseltal-Frösche vor 45 Millionen Jahren ausgesehen haben, als sie am Grund des Sees zu verwesen begannen. © A. Pieri (University of Pisa)

Rätselhafte Haut: Paläontologen haben herausgefunden, warum die Haut fossiler Frösche aus dem Geiseltal bei Halle 45 Millionen Jahre lang überdauern konnte. Die „Anti-Aging-Qualitäten“ der Amphibienhaut stammen demnach von Calcium- und Phosphat-Ionen, die im Laufe der Verwesung aus dem Gewebe gelöst wurden und dieses schließlich ersetzten. Die dabei versteinerten Kollagenfasern verraten auch mehr über die Lebensweise der Frösche.

Dass die Knochen eines Lebewesens nach dessen Tod zu versteinerten Fossilien werden, ist bereits unwahrscheinlich genug. Noch seltener ist es allerdings, dass auch verschiedene Weichteile wie Haut und andere Organe der Nachwelt erhalten bleiben. Schließlich verwesen diese normalerweise zuerst. Doch es gibt einige besondere Fälle, in denen Lebewesen uns auch Haut, Muskelgewebe, Federn oder sogar eine komplette Luftröhre hinterlassen haben. Solche Funde erlauben uns außergewöhnlich detaillierte Einblicke in das Leben der Urzeit.

Das Rätsel der Geiseltal-Frösche

Ein besonders reichhaltiger Fundort für fossile Weichteile ist das Geiseltal bei Halle in Sachsen-Anhalt. Vor 45 Millionen Jahren befand sich dort noch ein sumpfiger Wald, in dem unter anderem Frösche, Eidechsen, Landkrokodile, Riesenschlangen, Laufvögel und Ur-Pferde lebten. Insgesamt wurden im Geiseltal bereits rund 50.000 Fossilien aus dieser vergangenen Welt freigelegt.

Bei vielen von ihnen – darunter Fröschen, Fischen und Fledermäusen – ist dank erhaltener Weichteile noch der einstige Körperumriss als blasser bis brauner Schleier zu erkennen. Doch wie solche außergewöhnlichen Fossilien in derart großen Mengen entstehen konnten, ist bereits seit rund 100 Jahren ein Rätsel.

Daniel Falk
Daniel Falk beim Untersuchen einer Hautprobe © Daniel Falk

Dem Frosch in die Haut geschaut

Paläontologen um Daniel Falk vom University College Cork könnten dieses Mysterium nun allerdings gelüftet haben. Um mehr über die besonderen Versteinerungsbedingungen im Geiseltal herauszufinden, analysierten sie die versteinerte Haut von 57 Froschfossilien sowie deren umliegendes Sediment. Dabei kamen unter anderen die Rasterelektronenmikroskopie und die Infrarotspektroskopie zum Einsatz.

Mit Hilfe dieser Hightech-Methoden konnte das Team einen detaillierten Blick in die verschiedenen Hautschichten der Frösche werfen und dadurch die Bedingungen rekonstruieren, die einst zu ihrer Versteinerung geführt haben müssen.

„Anti-Aging-Geheimnis“ gelüftet

Das Ergebnis: Wenn ein toter Frosch im Geiseltal die Nachwelt bereichern wollte, dann musste er offenbar zunächst zum Grund eines Sees hinabsinken, wo er Wochen bis Monate ungeschützt dem Wasser ausgesetzt war, wie die Paläontologen herausgefunden haben. Das sind eigentlich ungünstige Bedingungen für eine Versteinerung. Denn normalerweise bleibt Gewebe dann am besten erhalten, wenn es kurz nach dem Tod von einer schützenden, sauerstoffarmen Schicht bedeckt wird, zum Beispiel von Sediment oder Asche.

Doch während die Frösche darauf „warteten“, vom Seeboden bedeckt zu werden, liefen bereits einige wichtige Prozesse in ihrem Körper ab, die ihnen dennoch eine detaillierte Versteinerung ermöglichten, wie Falk und seine Kollegen herausgefunden haben. Demnach verweste der Frosch zwar recht schnell und intensiv, doch seine ledrige Haut blieb weiter intakt.

Die Verwesungsgase sorgten dann dafür, dass der pH-Wert in der Froschhaut mit der Zeit saurer wurde, wodurch darin enthaltene Granulate Calcium- und Phosphat-Ionen freigaben. Diese Ionen wanderten dann in die Kollagenfasern der Froschhaut ein und ersetzten die organischen Komponenten nach und nach, wie das Team erklärt. Aus Haut wurde Stein und aus Stein schließlich Ewigkeit. Eine ähnliche Form der Weichteilerhaltung wurde zuvor bereits bei fossilen Fröschen aus Libros in Spanien beobachtet.

Eher Landliebhaber als Wasserratte

Mit ihren hochauflösenden Instrumenten konnten Falk und seinen Kollegen jedoch nicht nur rekonstruieren, was nach dem Tod der Geiseltaler Frösche geschehen ist, sondern auch, wie einst ihr Leben aussah. „Die erhaltene Haut zeigt Anpassungen, um das Austrocknen zu verhindern, was darauf hindeutet, dass diese fossilen Frösche tatsächlich die meiste Zeit an Land verbrachten“, erklärt Falk. (Scientific Reports, 2024; doi: 10.1038/s41598-024-55822-y

Quelle: University College Cork, Scientific Reports

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