Warmes Wasser aus subtropischen Regionen dringt ganzjährig bis in die arktischen Fjorde Grönlands vor. Dies haben Auswertungen von Langzeit-Messbojen in der grönländischen Arktis jetzt ergeben. Sie betätigten damit, dass die bereits zuvor festgestellte Schmelze der Küstengletscher „von unten“ keine Ausnahme, sondern inzwischen Normalzustand ist. Die Präsenz des warmen Wassers könnte den besonders schnellen Rückgang der grönländischen Küstengletscher erklären.
Bereits im Jahr 2009 entdeckten amerikanische Wissenschaftler in den Fjorden Grönlands Hinweise darauf, dass die Zungen der Küstengletscher hier durch warmes Meerwasser quasi von unten „angefressen“ werden und dadurch besonders schnell abschmelzen. Das warme Wasser, so ihre Hypothese, könnte durch den Nordatlantikstrom aus subtropischen Regionen hierher geleitet worden sein. Um herauszufinden, ob dies eine Ausnahme oder aber ein Dauerzustand ist, setzten sie damals Messbojen aus, die Temperatur und Salzgehalt des Wassers kontinuierlich messen sollten.
In den vergangenen zehn Tagen haben die Klimaforscher nun im Rahmen einer von der Umweltorganisation Greenpeace unterstützten Expedition die im Kangerdlugssuaq-Fjord an der Süd-Ostseite Grönlands ausgesetzten Messbojen wieder geborgen. Erstmals stehen damit nun Daten eines gesamten Jahres über die Temperaturen im Fjord zur Verfügung. Ein solcher Datensatz, der die Basis für das Verständnis des Zusammenhanges zwischen der Rolle des Meeres und den Rückgängen der Gletscher Grönlands bildet, war bisher nicht vorhanden.
Warmes Wasser ganzjährig präsent
Die Auswertungen der Messbojen zeigen, dass warmes Wasser aus dem Nord-Atlantikstrom die Gletscherschmelze Grönlands ‚von unten‘ vorantreibt – ganzjährig. „Unsere aktuellen Untersuchungen zeigen uns dasselbe warme Wasser aus subtropischen Regionen, das wir auch schon im letzten Jahr gefunden haben. Im Vergleich zum letzten Jahr sind die Temperaturen sogar noch um circa ein Grad wärmer – im Kangerdlugssuaq Fjord und auch im Sermilik Fjord“, erklärt Fiamma Straneo, Ozeanographin vom Meeresforschungsinstitut Woods Hole. „Das Wasser ist das gesamte Jahr über vorhanden. Es war also kein einmaliges Auftreten des subtropischen Wassers in Grönland.“
Ursache für beschleunigten Rückgang der Küstengletscher
Die gewonnenen Daten sind weitere Belege für die Theorie von Forschern der Universität von Maine und des Woods Hole Oceanographic Institute, nach der warmes subtropisches Wasser aufgrund des Klimawandels bis in die Fjorde von Grönland gelangt und die Gletscherschmelze befördert. Während der Arktis-Expedition im letzten Jahr erhielten sie die ersten Belege für ihre Hypothese: Das warme Wasser lässt die Gletscher von unten schmelzen und bedingt, neben der Schmelze an der Oberfläche, den starken und schnellen Rückgang der Gletscher Grönlands.
Auswirkungen auf Meeresspiegelanstieg
Dadurch wird auch der weltweite Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt und erhöht. Diese Interaktionen zwischen Meer und Gletscher waren in den bisherigen Prognosen des Weltklimarates IPCC zum Meeresspiegelanstieg nicht berücksichtigt. „Was hier passiert, geht uns alle an. Jeder Eisberg, der hier ins Wasser fällt, wirkt sich direkt auf den Meeresspiegel aus“, erklärt Iris Menn, Meeresbiologin bei Greenpeace. „Um die katastrophalen Folgen des Klimawandels aufzuhalten, ist es wichtig, den Druck auf die Politik für ein verbindliches internationales Klimaabkommen aufrechtzuerhalten.“
(Greenpeace / WHOI, 13.09.2010 – NPO)