Klima

Atmosphäre über dem Amazonas trocknet aus

Mensch bringt den Wasserhaushalt des Regenwaldes aus dem Gleichgewicht

Amazonas-Regenwald
Der Amazonas-Regenwald gilt als grüne Lunge unseres Planeten. © Marcio Isensee e Sa/ Adobe Stock

Klimapuffer in Gefahr: Die Atmosphäre über dem Amazonas-Regenwald ist im Laufe der vergangenen 20 Jahre immer trockener geworden, wie eine Studie zeigt. Das macht die grüne Lunge unseres Planeten anfälliger für Dürreereignisse und könnte ihre Funktion als Puffer im Klimasystem gefährden. Verantwortlich für diese Entwicklung sind neben der Erderwärmung offenbar auch menschliche Aktivitäten wie Brandrodungen.

Der Amazonas-Regenwald ist der größte Regenwald der Erde und fungiert als „grüne Lunge“ unseres Planeten. Die dort wachsenden Pflanzen entziehen der Atmosphäre jedes Jahr Milliarden Tonnen Kohlendioxid und wirken so der Erderwärmung entgegen. Doch die riesige Waldfläche ist nicht nur eine wichtige CO2-Senke, sondern gleichzeitig ein bedeutender Regenlieferant für die gesamte Region.

Die dichte Vegetation verdunstet große Mengen an Wasser in die Atmosphäre, wo es abkühlt, Wolken bildet und schließlich als Niederschlag wieder abregnet. Auf diese Weise kann der Amazonas-Regenwald bis zu 80 Prozent des von ihm benötigten Regens selbst produzieren – insbesondere in der Trockenzeit. Doch dieses fein austarierte, sich selbst erhaltende System gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht. So hat die Amazonasregion in den vergangenen Jahren immer wieder extreme Dürreperioden erlebt.

Zunehmend trocken

Um mehr über diesen besorgniserregenden Trend herauszufinden, haben Forscher um Armineh Barkhordarian von der University of California in Los Angeles nun Satellitendaten aus den letzten 20 Jahren ausgewertet. Dabei untersuchten sie, wie sich der Feuchtigkeitsgehalt in der Atmosphäre über dem Amazonas-Regenwald in den trockenen Monaten in diesem Zeitraum verändert hat. Zusätzliches Datenmaterial lieferte zudem Hinweise darauf, wie viel Feuchtigkeit der Wald benötigt, um das System zu erhalten.

Das Ergebnis: „In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Atmosphäre zunehmend trocken geworden“, berichtet Barkhordarian. Die Fachleute sprechen von einem immer größer werdenden Sättigungsdefizit der Luft. Gleichzeitig stieg der Bedarf nach Wasser. „Es ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wenn die Temperaturen steigen und die Luft trockener wird, müssen die Bäume mehr verdunsten, um sich selbst abzukühlen und der Atmosphäre Wasserdampf zuzuführen. Doch im Boden ist nicht mehr Wasser verfügbar, das die Pflanzen dafür nutzen können“, erklärt Mitautor Sassan Saatchi.

Brandrodungen sind mitverantwortlich

Woher aber kommt dieses Defizit? Modellanalysen enthüllten, dass die zunehmende Trockenheit über dem Amazonas-Regenwald nicht allein durch natürliche Schwankungen im Klimasystem zu erklären ist. Auch die klimawandelbedingte Erwärmung trägt nur zum Teil zu diesem Phänomen bei. Zusätzlich müssen dem Team zufolge menschliche Aktivitäten wie das gezielte Legen von Bränden eine Rolle spielen. Immer wieder werden im Amazonas teils illegal Waldflächen gerodet, um Platz für Acker- und Weideland zu schaffen. Zuletzt kam es dadurch zu den verheerendsten Waldbränden in der Region seit Jahren.

Wie Barkhordarian und seine Kollegen erklären, verschärfen solche Feuer die Problematik zusätzlich. Denn die dunklen Rußpartikel absorbieren die Sonnenstrahlung, verhindern Verdunstung und heizen der Atmosphäre weiter ein. Außerdem beeinflussen sie die Wolkenbildung und damit auch die Niederschlagsmengen.

Teufelskreis droht

Besonders sichtbar ist die zunehmende Austrocknung der Atmosphäre im Südosten des Amazonas-Regenwaldes, wie die Forscher feststellten – dort findet am meisten Entwaldung und Landwirtschaft statt. Doch auch im Nordwesten zeigt sich das Phänomen. Das Frappierende daran: Eigentlich gibt es in dieser Region gar keine Trockenzeit, doch in den letzten 20 Jahren kam es auch dort immer wieder zu extremen Dürren, zum Beispiel 2005, 2010 und 2015. „Die Dürre im Jahr 2015 ging mit dem höchsten Sättigungsdefizit seit 1979 einher“, berichtet das Team.

Dass auch der Nordwesten zunehmend unter Dürre leidet, zeigt nach Ansicht der Wissenschaftler, wie empfindlich der Regenwald auf steigende Temperaturen und trockenere Luft reagiert. Setzt sich diese Entwicklung fort, droht ihnen zufolge ein fataler Teufelskreis.

Pufferwirkung lässt nach

Viele Bäume und mit ihnen etliche andere Regenwaldbewohner werden die Trockenheit langfristig womöglich nicht überleben. Gleichzeitig verdunsten die verbleibenden Bäume immer weniger Wasser, was sich wiederum negativ auf die Luftfeuchtigkeit und Niederschläge auswirkt. Denn wird es zu trocken, verschließen Pflanzen die Spaltöffnungen in ihren Blättern, um das Wasser so lange wie möglich zu halten.

Dies geht mit einem weiteren Problem einher: Je weniger die Spaltöffnungen geöffnet sind, desto weniger CO2 können die Pflanzen aufnehmen – die Photosynthese wird schwächer. Auch durch Trockenheit ausgelöste Krankheitserscheinungen können der Speicherkapazität der Bäume schaden. „Die extremen Dürreereignisse in den Jahren 2005 und 2010 haben zur negativsten Jahresbilanz im Kohlenstoffhaushalt der Region geführt, die jemals dokumentiert wurde“, berichtet das Team.

Schlussendlich könnte die steigende Trockenheit in der Atmosphäre über dem Amazonas so dazu beitragen, dass wir einen wichtigen Puffer im Klimasystem verlieren, warnen die Forscher. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-019-51857-8)

Quelle: NASA

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