Unterschätzter Effekt: Vulkanausbrüche außerhalb der Tropen könnten einen größeren Einfluss auf das Klima haben als gedacht. Denn entgegen gängiger Annahme entstehen auch durch Eruptionen in diesen Breiten langlebige Aerosol-Schleier in der Stratosphäre, die die Erde spürbar abkühlen. Tatsächlich scheinen solche Ausbrüche teilweise sogar einen stärkeren Effekt zu haben als ihre tropischen Pendants, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichten.
Vulkane können weltweite Auswirkungen auf das Klima haben. Denn wenn sie ausbrechen, schleudern sie große Mengen an Schwefelgasen in die Luft. Gelangen diese Aerosole bis in die Stratosphäre, reflektieren sie dort einen Teil des einfallenden Sonnenlichts und wirken so wie ein Sonnenschirm für die Erde. Nach dem Ausbruch des Pinatubo im Jahr 1991 sank die globale Durchschnittstemperatur durch diese Kühleffekte vorübergehend um fast 0,5 Grad Celsius ab.
Schwächerer Einfluss?
Wissenschaftler gingen bisher davon aus, dass vor allem Aerosole aus Vulkanausbrüchen in den Tropen solch einen gravierenden Einfluss auf das Klima haben. Schließlich müssen sie erst in mittlere oder hohe Breiten wandern, bevor sie wieder aus der Stratosphäre entfernt werden – und haben somit eine besonders lange Lebensdauer. Aerosole aus Eruptionen außerhalb der Tropen werden der gängigen Lehrmeinung zufolge dagegen schneller aus der Atmosphäre entfernt, ihr Einfluss ist daher schwächer.
Doch stimmen diese Annahmen wirklich? Um die Klimaauswirkungen von extratropischen und tropischen Eruptionen besser einschätzen zu können, haben Matthew Toohey vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum in Kiel und seine Kollegen nun neue Langzeitrekonstruktionen des vulkanischen Schwefeleintrags in die Stratosphäre zu Rate gezogen. Diese auf Eiskernanalysen beruhenden Daten verglichen sie mit drei Rekonstruktionen der Sommertemperatur der nördlichen Hemisphäre aus Baumringen, die bis ins Jahr 750 nach Christus zurückreichen.
Ausgeprägte Abkühlung
Das Ergebnis: Auch explosive Eruptionen außerhalb der Tropen sind in Bezug auf ihre Klimawirkung offenbar nicht zu unterschätzen. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass viele extratropische Vulkanausbrüche in den letzten 1.250 Jahren zu einer ausgeprägten Oberflächenabkühlung auf der Nordhalbkugel geführt haben“, berichtet Toohey.
Doch nicht nur das: Überraschenderweise scheinen die außertropischen Vulkanausbrüche teilweise sogar einen stärkeren Effekt zu haben als ihre tropischen Pendants. „Diese Ausbrüche sind effizienter, wenn man die Abkühlung auf der jeweiligen Halbkugel im Verhältnis zur ausgestoßenen Schwefelmenge sieht“, sagt Toohey.
Ähnlich lange Lebensdauer
Wie aber lässt sich dieses Phänomen erklären? Auf der Suche nach einer Antwort führten die Forscher Simulationen von Vulkanausbrüchen in mittleren bis hohen Breitengraden durch. Dabei nutzten sie virtuelle Schwefelmengen und Eintragshöhen in die Stratosphäre, die denen des Pinatubo entsprachen. Es zeigte sich: Die Lebensdauer des Aerosols aus diesen explosiven Ausbrüchen außerhalb der Tropen war nur geringfügig geringer als bei Eruptionen in den Tropen.
„Kommen die Schwefelgase nur in die untersten Schichten der Stratosphäre, sind die Aerosole sehr kurzlebig. Erreichen sie jedoch Höhen wie bei den großen tropischen Eruptionen, entspricht die Lebensdauer der Aerosole in etwa denen der tropischen Eruptionen“, erläutert Mitautorin Kirstin Krüger von der Universität Oslo. Hinzu kam, dass sich das Aerosol nicht weltweit verteilte, sondern nur über der Erdhalbkugel des Ausbruchs – dies verstärkte die Klimaauswirkungen innerhalb dieser Hemisphäre, wie das Team berichtet.
Auswirkung auf das Klima der Zukunft
Den Wissenschaftlern zufolge können diese Ergebnisse nun dabei helfen, die Auswirkungen von Vulkanausbrüchen auf vergangene Klimaschwankungen besser zu verstehen. Gleichzeitig deuten sie darauf hin, dass auch das zukünftige Klima von Eruptionen außerhalb der Tropen beeinflusst werden wird. „In den vergangenen Jahrhunderten gab es in den mittleren und hohen Breiten im Vergleich zu den Tropen relativ wenige große explosive Eruptionen. Aber sie passieren definitiv“, schließt Toohey. (Nature Geoscience, 2019; doi: 10.1038/s41561-018-0286-2)
Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung