Ob Karneval, Kirchweih oder Dorffest – Feiern gehört zu unserer und zu allen menschlichen Kulturen dazu. Wann unsere Vorfahren aber damit begannen, war lange unklar. Jetzt haben Archäologen erstmals Belege dafür entdeckt, dass Menschen sich schon vor 12.000 Jahren zu gemeinschaftlichem Essen, Trinken und Ritual versammelten. Wie sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) berichten, ist das Feiern damit älter als der Übergang zur sesshaften Lebensweise der ersten Ackerbauern.
Das gemeinsame Feiern ist für uns fester Bestandteil unserer Kultur und unseres Lebens: Ob im privaten Kreis als Geburtstag und Hochzeit oder im größeren Rahmen als Volksfest oder religiöses Ritual – die Gemeinschaft, das Teilen von Essen und Trinken, oder auch das gemeinsame Singen und Tanzen gehören einfach dazu. Doch das war nicht immer so. Unsere frühesten Vorfahren lebten in kleinen Familienverbänden und in so enger Gemeinschaft, dass „offizielle“ Feste zu bestimmten Anlässen wahrscheinlich noch nicht existierten. Lange Zeit vermutete man, dass erst der Übergang zur Sesshaftigkeit diese Form der kulturellen Aktivität entstehen ließ.
Reste vom Festmahl: Schildkrötenpanzer und Wildknochen
Doch jetzt haben Archäologen in einer Grabhöhle im Norden Israels erstmals Spuren entdeckt, die einen handfesteren Hinweis auf die ersten Festivitäten geben. Wissenschaftler der Hebräischen Universität Jerusalem und der Universität von Connecticut stießen im Boden der Höhle auf zwei künstlich ausgehobene Gruben in denen sich insgesamt 71 Schildkrötenpanzer und drei Skelette von Wildtieren fanden. Alle Teile stammten aus einer Zeit vor rund 12.000 Jahren und waren damals offenbar gekocht und nachträglich auseinandergerissen worden.
Außerdem fand sich das Skelett eines offenbar rituell begrabenen Menschen dort, nach Ansicht der Forscher könnte es sich um einen Schamanen handeln. Die Schildkrötenpanzer liegen verteilt teils unter dem Skelett, teils darüber, so dass die Schildkröten vermutlich während des Begräbnisses gekocht und gegessen worden sein müssen. Die Leiterin der Ausgrabung, Natalie Munro von der Universität von Connecticut, sieht darin einen Beleg, dass hier ein möglicherweise rituell bedingtes Fest stattgefunden haben muss – vergleichbar den Beerdigungsfeiern bei uns und in vielen anderen heutigen Kulturen.
Die Archäologen schätzen, dass das Fleisch der Tiere für rund 35, vielleicht sogar mehr Menschen gereicht haben könnte. „Wir wissen nicht genau, wie viele Menschen an diesem Fest teilnahmen oder wie hoch der durchschnittliche Besuch bei ähnlichen Ereignissen war, da wir nicht wissen, wie viel Fleisch in dieser Höhle zur Verfügung stand“, erklärt Munro. „Im Moment können wir nur eine Schätzung auf Basis der gefundenen Knochen abgeben.“
Vorboten eines Übergangs zur Landwirtschaft
Die Datierung der Panzer und Knochenreste verlegt die Feier in eine Zeit, in der der Steinzeitmensch im Nahen Osten kurz vor dem Übergang vom reinen Nomadentum zur Landwirtschaft stand. „Wissenschaftler haben schon seit längerem vermutet, dass das Feiern vor der neolithischen Periode vor rund 11.500 Jahren begann”, erklärt Munro. „Dies ist nun der erste echte Beweis, der bestätigt, dass gemeinschaftliche Feste – vielleicht sogar mit gewisser Regelmäßigkeit – schon vor dem Übergang zum Ackerbau existierten.“
Einer der Hauptgründe, warum die Menschen ausgerechnet in dieser Ära zu feiern anfingen und kurz darauf auch ihre Nahrung selbst anzubauen begannen, liegt laut Munro in dem rasanten Bevölkerungswachstum jener Zeit. Während die Landschaft zuvor genügend Ressourcen lieferte, um die umherziehenden kleineren Familienverbände zu ernähren, änderte sich dies nun allmählich. Immer häufiger stießen Gruppen aufeinander, gab es Reibereien. „Vorher konnten sie einfach aufstehen und weiterziehen, wenn sie Probleme mit ihren Nachbarn hatten”, so Munro. Doch dieses sich aus dem Weg gehen war irgendwann nicht mehr dauerhaft möglich. „Jetzt dienten solche öffentlichen Events als Gelegenheiten zum Spannungsabbau und zur Festigung sozialer Beziehungen.”
Nach Ansicht der Forscherin könnte es diese Kombination aus verstärkter sozialer Interaktion und Veränderungen in der Ressourcenverfügbarkeit gewesen sein, die letztlich auch die Umstellung der Lebensweise unserer Vorfahren herbeiführte. „Diese Art von sozialen Veränderungen markiert den Beginn signifikanter Veränderungen in der menschlichen Sozialstruktur, die letztlich zum Beginn des Übergangs zu einer landwirtschaftlichen Kultur führte“, so Munro.
(University of Connecticut, 01.09.2010 – NPO)