Sintflutartige Regenstürme: Der Saturnmond Titan wird von überraschend heftigen Stürmen mit begleitendem Starkregen aus Methan heimgesucht. Dabei fällt in kürzester Zeit ähnlich viel Niederschlag wie beim irdischen Tropensturm Harvey oder den Monsunregen. Die aus diesen Stürmen resultierenden Überschwemmungen haben charakteristische Spuren in der Titanlandschaft hinterlassen, wie Forscher in „Nature Geoscience“ berichten.
Der Saturnmond Titan ist nicht nur der der zweitgrößte Mond in unserem Sonnensystem, er ist in vielem auch überraschend erdähnlich: Es gibt auf dem Mond Dünen, große Seen und tiefe, von Flüssen durchflossenen Schluchten. Auch Wetterphänomene wie Wolken, Eis und Regen existieren auf dem Saturnmond. Die Rolle des Wassers übernehmen auf dem Titan jedoch die Kohlenwasserstoffe Methan und Ethan.
Rätselhafte Sedimentfächer
Ein weiteres erdähnliches Phänomen haben nun Sean Faulk von der University of California in Los Angeles auf dem Titan entdeckt. Sie hatten untersucht, wie die ausgedehnten Schwemmkegel auf dem Titan entstanden sein könnten, die in vielen Aufnahmen der NASA-Raumsonde Cassini zu sehen sind. Diese fächerförmigen Sedimentformationen entstehen auf der Erde häufig durch Sturzfluten oder Schlammströme.
Auf dem Titan sind solche Schwemmkegel vor allem in der Region zwischen dem 50. und 80. Breitengrad zu sehen. Sie bilden dort große Fächer in den kalten, trockenen Wüstengebieten des Mondes. Wie sie zustande kommen, war jedoch bisher rätselhaft, denn der normale Methanregen auf dem Titan ist dafür nicht intensiv genug, wie Faulk und seine Kollegen erklären.
Ein Mega-Sturm pro Titanjahr
Doch wie die Forscher mithilfe von hydroklimatischen Modellen feststellten, gibt es auf dem Titan Wetterbedingungen, die durchaus heftig genug sind, um die Schwemmkegel zu produzieren: Der Titan erlebt immer wieder schwere Stürme mit sintflutartigen Methanregenfällen. Diese Regenstürme ereignen sich im Mittel alle knapp 30 Jahre einmal – und damit überraschend häufig:
„Ich habe erwartet, dass solche Stürme eher ein Jahrtausend-Ereignis sind, wenn nicht sogar noch seltener“, berichtet Faulks Kollege Jonathan Mitchell. „Dies ist daher eine ziemliche Überraschung.“ Am häufigsten entladen diese Stürme ihre Methanregen-Fracht dabei auf Höhe des 60. Breitengrads – genau dort, wo auch die meisten Sedimentfächer vorkommen.
So viel Regen wie bei Hurrikan Harvey
Die heftigen Titanstürme lassen eine wahre Sturzflut an flüssigem Methan auf die Landschaft niedergehen. „Bei den stärksten Stürmen fallen mindestens 30 Zentimeter Niederschlag am Tag, das ist fast so viel in diesem Sommer Hurrikan Harvey in Houston abregnete“, sagt Mitchell. Auch die irdischen Monsunregen seien mit diesen saisonalen Regenstürmen des Titan vergleichbar.
Die Ursache für diese heftigen Stürme sehen die Wissenschaftler in den starken Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschieden zwischen den Polargebieten des Saturnmonds einerseits und den warmen, trockenen Mittelbreiten andererseits. Ähnlich wie bei uns auf der Erde treibt dieser Kontrast die heftigen Winde an und lässt Methanregen-Wolken entstehen, die dann über den höheren Breiten abregnen.
„Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass Extremniederschläge eine wichtige Rolle bei der Formung und Veränderung der Titanlandschaft spielen“, konstatieren die Forscher. Die saisonalen Stürme erklären, wie selbst in den Wüstengebieten des Titan – und möglicherweise auch anderer Himmelskörper – Schwemmkegel entstehen konnten. (Nature Geoscience, 2017; doi: 10.1038/ngeo3043)
(University of California, Los Angeles (UCLA), 16.10.2017 – NPO)