Keine guten Aussichten: Das Klimaphänomen, das die extreme Hitze und Dürre in Australien verursacht hat, wird häufiger – und kann noch weit schlimmer ausfallen als 2019, wie nun eine Studie enthüllt. Demnach häufen sich besonders starke positive Phasen des sogenannten Indian Ocean Dipole (IOD) in den letzten 60 Jahren. Wahrscheinlich spielt dafür auch der Klimawandel eine Rolle, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.
Ob El Nino, der Monsun oder die Nordatlantische Oszillation (NAO) – das Klima vieler Regionen wird durch periodisch wiederkehrende Klimaschwankungen geprägt. So bringt ein starker El Nino oft sintflutartige Regenfälle an der Westküste Amerikas, aber Dürren in Asien mit sich. Der Monsun ist einerseits wichtiger Regenbringer, löst aber auch schwere Überschwemmungen aus. Zusätzlich zeigen Klimastudien, dass diese beiden Klimaphänomene durch den Klimawandel verstärkt werden.
Klima-Anomalie im Indischen Ozean
Es gibt aber noch einen Vertreter dieser wiederkehrenden Klimaschwankungen: den Indian Ocean Dipole (IOD). Dieses erst in den 1990er Jahren identifizierte Phänomen führt zu ungewöhnlich kühlen Meerestemperaturen im östlichen Indischen Ozean und zu anomal warmem Wasser im Westen des Indiks. Die Folgen solcher positiver IOD-Phasen sind Dürren und besonders schwere Waldbrände in Australien und Indonesien sowie Fluten und vermehrte Malariaausbrüche in Ostafrika.
Auch für die verheerenden Brände in Australien im Jahr 2019 ist dieses Phänomen mitverantwortlich: „Das 2019er Ereignis war ein besonderer Klopper“, erklärt Erstautorin Nerilie Abram von der Australian National University (ANU) in Canberra. „Es hat eine der Hauptquellen für den Winter- und Frühjahrsregen in Südaustralien abgeschnitten und dadurch die extrem heißen und trockenen Bedingungen geschaffen, die die furchtbaren Brände in diesem Sommer ermöglicht haben.“
Korallenkalk als Klimazeuge
Was aber heißt dies für Australien? Muss das Land in Zukunft häufiger mit solchen Extremereignissen rechnen? Um das herauszufinden, haben Abram und ihr Team den Verlauf des Indian Ocean Dipole in den letzten tausend Jahren rekonstruiert. „Dafür verwenden wir präzise datierte und hochaufgelöste Korallenschichten aus dem östlichen äquatorialen Indischen Ozean, wo die Signatur der IOD-Variabilität stark und eindeutig ist“, erklären die Forscher.
Konkret entnahmen sie für ihre Studie acht Bohrkerne aus Korallenriffen vor der Küste von Sumatra. Aus den Jahresringen dieser Kalkschichten entnahmen die Wissenschaftler Proben und bestimmten darin den Anteil des Sauerstoff-Isotops 18-O. „Dieses im Korallenkalk eingebaute Isotop spiegelt die Temperaturen des Meerwassers und die Veränderungen im Wasserkreislauf wider“, erklären Abram und ihre Kollegen. Das wiederum erlaubte es ihnen, die Stärke und Häufigkeit der positiven IOD-Ereignisse zu ermitteln.
Starke Anomalien werden häufiger
Das Ergebnis: Besonders starke IODs wie 2019 waren zwar in der Vergangenheit eher selten – sie scheinen aber häufiger zu werden. „In unserer mit dem Jahr 1240 beginnenden Rekonstruktion sehen wir nur zehn solcher Ereignisse. Aber vier davon ereigneten sich allein in den letzten 60 Jahren“, berichtet Abram. Das könnte darauf hindeuten, dass sich die Wahrscheinlichkeit für besonders ausgeprägte IODs im Zuge des Klimawandels erhöht, so die Forscher.
Ähnlich wie beim El Nino im Pazifik müssen demnach auch die Anrainer des Indischen Ozeans künftig möglicherweise mit stärkeren Klimakapriolen rechnen. „Die beschleunigte Erwärmung des westlichen Indischen Ozeans und die Verschiebung der Thermokline fördern künftig einen Klimazustand, der die Entwicklung positiver IOD-Ereignisse begünstigt“, konstatieren die Wissenschaftler. Ihren Daten zufolge tritt ein gemäßigt-positiver IOD alle zwei bis sechs Jahre ein, die starken Anomalien sind dagegen deutlich seltener – noch.
„Furchtbare Folgen“
Doch wie schlimm kann dieses Klimaphänomen werden? Auch das verrät die Rekonstruktion: „Im Jahr 1675 gab es einen positiven IOD, der bis zu 42 Prozent stärker war als das stärkste bislang instrumentell gemessene Ereignis im Jahr 1997“, berichtet Abrams Kollegin Nicky Wright. „Die furchtbaren Folgen dieser früheren Ereignisse können wir in historischen Dokumenten aus Asien nachlesen.“ Damals kam es zu extremen Dürren und Hungersnöten in Indonesien, die durch Missernten in Indien und Thailand noch verstärkt wurden.
„Das Ereignis von 1675 zeigt, welche Extreme bei diesem Klimaphänomen möglich sind – und das selbst ohne den Einfluss des anthropogenen Klimawandels“, betont Wright. Inzwischen aber mache der Klimawandel die positiven IOD-Ereignisse stärker und häufiger. „Damit erhöhen wir nun das Risiko, dass sich ein so extremes Ereignis wie damals wiederholt“, so die Forscherin.
El Nino und IOD sind gekoppelt
Und noch etwas enthüllte die Klimarekonstruktion: Der Indian Ocean Dipole und die El Nino/La Nina-Oszillation (ENSO) im Pazifik sind eng miteinander verknüpft. „Unsere Daten zeigen, dass beide Klimaphänomene zwar unabhängig voneinander auftreten können“, erklärt Koautor Matthew England von der University of New South Wales. Doch die Schwankungsbreite beider Phänomene sei gekoppelt. In den Phasen, in denen die Intensität des El Nino stark schwankt, tut dies auch der IOD und umgekehrt.
Hinzu kommt, dass sich die Auswirkungen beider Klimaphänomene gegenseitig verstärken können. Treffen ein El Nino und ein positiver IOD zusammen, bedeutet dies beispielsweise für Australien verstärkte Trockenheit und Hitze. Treten eine La Nina und ein negativer IOD gleichzeitig auf, kommt es zu besonders schweren, langanhaltenden Regenfällen, wie zuletzt 1974 der Fall.
Zusammengenomen könnten diese neuen Erkenntnisse dabei helfen, den Indian Ocean Dipole und auch den El Nino künftig besser vorherzusagen – und die betroffenen Regionen auf die möglichen Folgen vorzubereiten. (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2084-4)
Quelle: Australian National University