Ungewöhnliche Feuerberge: Im Osten Australiens gibt es hunderte Vulkane rätselhaften Ursprungs. Sie liegen fernab einer Plattengrenze und passen auch nicht zu einem Hotspot. Doch nun haben Geologen ihr Geheimnis gelüftet. Demnach liegt unter Australien ein Stück alter Meereskruste aus dem Jura und der Kreidezeit. Dieser wasserhaltige Krustenrest wird tief im Erdmantel aufgeschmolzen und erzeugt dabei die Magmaaufströme.
Australien ist reich an alten Vulkangebieten: Im Nordwesten liegen die 510 Millionen Jahre alten Relikte eines Supervulkans und unter dem zentralen Cooper-Eromanga-Becken haben Wissenschaftler hunderte Vulkane aus dem Jurazeitalter entdeckt. Als wäre dies nicht genug, hat ein vulkanischer Hotspot drei gewaltige Spuren aus Feuerbergen einmal quer durch den Osten des Landes gefräst – es ist die längste kontinentale Vulkankette der Erde.
Fernab der Plattengrenzen
Merkwürdig nur: All dieser Vulkanismus findet mitten in der stabilen Indo-Australien-Erdplatte statt – und damit fernab von Plattengrenzen und vulkanfördernden Subduktionszonen. Für die von einem Mantelplume erzeugten Hotspotvulkane ist dies zwar kein Hindernis, wohl aber für die Vulkane im Zentrum Australiens und weitere mehr als hundert Feuerberge im Osten des Kontinents. Ihr Ursprung ist bislang rätselhaft.
„Wir liegen nicht am berühmten Pazifischen Feuerring, der so viele Vulkane und Erdbeben erzeugt“, erklärt Ben Mather von der University of Sydney. „Daher brauchen wir eine andere Erklärung, warum es so viele Vulkane an Australiens Ostküste gibt.“ Diese Feuerberge bilden eine 5.000 Kilometer lange Vulkanprovinz, die sich vom Osten Australiens bis nach Neuseeland zieht. Ihre Ausbrüche liegen zwischen 60 Millionen und wenigen tausend Jahren zurück.
„Wie Blasen im Teig“
Auffällig auch: Die meisten dieser Feuerberge brachen nur einmal aus, um dann wieder zu erlöschen. „Statt großer Eruptionen wie beim Krakatau oder dem berühmten Fujiyama in Japan ähnelten ihre Ausbrüche eher den Blasen, die sich beim Erhitzen im Pancake-Teig bilden“, sagt Mather. Insgesamt aber war dieses mitten auf der Indo-Pazifischen Platte liegende Vulkangebiet seit dem Ende der Kreidezeit fast ununterbrochen aktiv.
Doch was ist die Entstehungsursache dieser Intraplatten-Vulkane? Um das herauszufinden, haben Mather und sein Team die Lavaablagerungen dieser Feuerberge umfangreichen chemischen und Isotopen-Analysen unterzogen. Zudem werteten sie seismologische und tektonische Daten aus, um Aufschluss über die Struktur des Erdmantels und die vergangenen Bewegungen dieser Region zu gewinnen.
Krustenrest im Erdmantel
Die Analysen enthüllten: Diese Vulkane werden offenbar aus einer gemeinsamen Quelle gespeist, denn ihre Lava ist sich chemisch sehr ähnlich. Zudem scheint das Material deutlich älter zu sein als die australische Kruste. Bei der Auswertung der tektonischen Daten ergab sich eine weitere Auffälligkeit: In dieser Vulkanprovinz gab es immer dann besonders viele Ausbrüche, wenn die Australische Erdplatte vorübergehend etwas schneller über den Mantel driftete.
Aus diesen Befunden schließen die Wissenschaftler, dass die Eruptionen Ostaustraliens von einer besonderen Konfiguration tief im Erdmantel verursacht werden. Dort liegt ein aus der Jura- und Kreidezeit stammender Rest ozeanischer Kruste, der einst an der Plattengrenze östlich von Neuseeland in die Tiefe gedrückt wurde. Weil sich die Kontinente an der Oberfläche seither weiter verschoben haben, liegt dieser abgetrennte Krustenrest heute fernab der Subduktionszone.
Wasserreiche Minerale erzeugen Auftrieb
Das Besondere jedoch: „Die alte Meereskruste, die vom Westpazifik aus unter den Kontinent gedrückt wurde, enthält hohe Konzentrationen wasserreicher Materialien und kohlenstoffreicher Gesteine“, erklärt Mather. „Das erzeugt eine Zone unter dem Osten Australiens, die stark mit flüchtigen Stoffen angereichert ist.“ Wenn dann dieses Krustenmaterial an der Grenze zum unteren Mantel aufgeschmolzen wird, setzt dies diese Materialien frei.
„Diese flüchtige Mischung geschmolzenen Gesteins steigt dann zur Oberfläche auf und durchbricht die junge, dünne Kruste Ostaustraliens“, so Mather. „Dadurch verursacht dieses wiederauftauchende Krustenmaterial eine Reihe von Ausbrüchen entlang der ostaustralischen Küste.“ Letztlich sind damit diese Intraplatten-Vulkane indirekt doch mit einer Plattengrenze verbunden – über das recycelte Krustenmaterial aus der Tiefe.
Ursache auch anderer Intraplatten-Vulkane?
Die Wissenschaftler vermuten, dass auch andere bisher schwer erklärbare Intraplatten-Vulkane auf einen solchen Mechanismus zurückgehen könnten. Kandidaten dafür wären Gebiete im Westen der USA, im Osten Chinas und rund um die Bermuda-Inseln. „Wir müssen nun unsere Erkenntnisse auch auf diese anderen Regionen der Erde anwenden – das könnte uns verstehen helfen, wie auch diese anderen Beispiele rätselhaften Vulkanismus zustande gekommen sind“, sagt Mathers Kollege Dietmar Müller. (Science Advances, 2020; doi: 10.1126/sciadv.abd0953)
Quelle: University of Sydney