Die europäischen Autohersteller erfüllen derzeit die selbst gesetzten Klimaschutzziele nicht. Das ist das nicht wirklich überraschende Ergebnis einer Analyse der Fachhochschule Gelsenkirchen im Auftrag des Wirtschaftsmagazins Capital. Vor allem deutsche Autobauer gehören noch zu den „Klimasündern“.
{1l}
Die Mitglieder des europäischen Autoherstellerverbands ACEA hatten sich im Jahr 1995 verpflichtet, bis 2008 Neuwagen herzustellen, die im Schnitt weniger als 140 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenen Kilometer ausstoßen. Zuletzt lagen die Emissionen bei jedoch 161 Gramm. "Das Ziel ist in diesem Jahr nicht mehr zu erreichen", erklärt Professor Ferdinand Dudenhöffer, der Leiter der Studie. "Das Einsparpotenzial durch Dieselfahrzeuge ist beinahe ausgereizt, Verbesserungen in der Motorentechnologie werden durch den Trend zu höheren PS-Zahlen und mehr Gewicht wett gemacht".
Italiener und Franzosen besser
Nach Berechnungen des Auto-Experten liegt die Schuld für das Verfehlen der Eigenverpflichtung vor allem bei den deutschen Herstellern. So liegen die CO2-Emissionen in Europa bei den Fahrzeugen des VW-Konzerns in Schnitt bei 163, bei Daimler-Chrysler bei 184, bei BMW bei 190 und bei Porsche sogar bei knapp 300 Gramm pro Kilometer. Im Vergleich dazu stehen die Autogruppe Fiat mit Alfa-Romeo, Fiat und Lancia sowie die PSA Gruppe mit Citroën, Peugeot und Renault mit gut 150 Gramm recht gut da.
Die schlechten Werte dürften die EU-Kommission wenig freundlich stimmen. Am 10. Januar forderte die Kommission, den durchschnittlichen Kohlendioxid-Ausstoß pro Fahrzeug auf 120 Gramm pro Kilometer zu begrenzen. Die geforderte Erhöhung des Anteils an Biokraftstoffen bis 2020 auf zehn Prozent dürfte als Maßnahme kaum ausreichen. Die Kommission möchte daher die Steuern an die CO2-Emissionen der Fahrzeuge koppeln. Um die Gewohnheiten der Autokäufer tatsächlich zu ändern, wären drastische Schritte gefragt. Hohe Strafsteuern oder Verbote hätten aber dramatische Auswirkungen für die deutschen Konzerne.
Szenarien prognostizieren Auswirkungen von EU-Maßnahmen
Dudenhöffer entwickelte im Auftrag von Capital zwei Szenarien und berechnete die Auswirkungen für die Autohersteller bis zum Jahr 2015. Würden etwa alle Autos, die mehr als 200 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft blasen, mit 3.000 Euro pro Jahr zusätzlich besteuert, sänken die Verkaufszahlen großer Fahrzeuge. Trotz der dadurch schwindenden Profite müsste die Branche zugleich in neue Techniken investieren. In diesem Szenario könnten VW, BMW und Mercedes einen Gewinneinbruch von knapp 15 Prozent, Audi und Porsche von gut 20 Prozent erleiden.
Noch ärger träfe es die Konzerne, wenn es in Europa bis 2015 zu einem Verbot von Fahrzeugen käme, die mehr als 200 Gramm CO2 ausstoßen. Aktuell wäre davon fast jedes zweite Modell betroffen. Bei diesem Szenario könnten die Gewinne bei VW um 30 Prozent, bei Audi, BMW und Mercedes um bis zu 40 Prozent einbrechen. Porsche müsste dem europäischen Markt ade sagen und würde gut die Hälfte des Gewinns verlieren. "Viele Automanager unterschätzen die Auswirkungen von Klimaschutz-Sanktionen und gefährden langfristig die Überlebensfähigkeit ihrer Konzerne", glaubt Dudenhöffer.
(G+J / Capital, 15.01.2007 – NPO)