Archäologie

Avebury: Entdeckung im Steinkreis

Archäologen enthüllen Überreste des ersten quadratischen Megalith-Bauwerks

Megalithe im südlichen Innenkreis der Anlage von Avebury. Im Zentrum dieses Steinkreises entdeckten die Archäologen ein Quadrat-Monument. © John Nuttall/ CC-by-sa 2.0

Etwas Eckiges im Runden: Eigentlich sind Steinkreise typisch für die europäische Megalith-Kultur. Doch im britischen Avebury haben Archäologen nun erstmals ein quadratisches Stein-Monument entdeckt – etwas in dieser Größe und Komplexität vollkommen Neues. Ein Bodenradar machte die rund 30 Meter große Struktur aus aufrechtstehenden Steinen im Untergrund sichtbar. Wozu dieses vermutlich mindestens 5.000 Jahre alte Megalith-Bauwerk diente, ist bislang rätselhaft.

Die Steinkreise von Avebury sind weltberühmt. Ähnlich wie das nahegelegene Stonehenge gehören sie zum prähistorischen Zeremonialkomplex dieser Region – und sind UNESCO Weltkulturerbe. Das Megalith-Monument von Avebury umfasst den größten Steinkreis Europas mit rund 100 aufrechtstehenden Steinen und die Überreste zweier erst vor Kurzem entdeckter hölzerner Palisadenkreise.

Fahndung im Steinkreis-Zentrum

Jetzt haben Archäologen im südlichen Innenring von Avebury eine weitere Struktur entdeckt. „Schon lange gibt es Vermutungen, dass hier im Zentrum des Henge die ältesten Megalith-Bauten der Anlage liegen“, erklären Mark Gillings von der University of Leicester und seine Kollegen. Dennoch war dieses Areal vorher nie mittels Bodenradar untersucht worden. Nur eine Ausgrabung im Jahr 1936 hatte erste Hinweise auf weitere Steine geliefert.

Um dem nachzugehen, haben die Archäologen den Steinkreis mittels Bodenradar und Leitfähigkeitsmessungen durchmustert – mit erstaunlichen Ergebnissen. „Unsere Messungen haben weitere zuvor unbekannte Megalithe in dem weltberühmten Steinkreis nachgewiesen“, berichtet Gillings. Das Überraschende daran: Diese Steine bilden keinen weiteren Kreis, sondern ein Quadrat mit rund 30 Metern Seitenlänge.

Rekonstruktion des quadratischen Bauwerks im südlichen Innenkreis von Avebury © University of Leicester

Quadrat statt Kreis

„Megalith-Steinkreise sind für die Zeit rund 3000 Jahre vor Christus wohlbekannt“, erklärt Joshua Pollard von der University of Southampton. „Aber quadratische Megalith-Anlagen dieser Größe und Komplexität sind etwas völlig Neues.“ Das gewaltige Quadrat schließt den bereits bekannten Obelisken im südlichen Steinkreis von Avebury ein. Außerdem erstrecken sich kürzere Reihen umgestürzter Steine vom Quadrat aus zum Kreisring, wie die Forscher berichten.

„Dies enthüllt einen ganz neuen Typ von Monument – und dies im Herzen des weltweit größten prähistorischen Steinkreises“, kommentiert Nick Snashall vom National Trust. „Das zeigt, wie viel es selbst hier in Avebury noch zu entdecken gibt, wenn wir die richtigen Fragen stellen.“ Noch ist nicht geklärt, wie alt das rätselhafte Stein-Quadrat ist. Die Archäologen vermuten jedoch, dass es sich um eine der frühesten Strukturen der gesamten Anlage handeln könnte.

Auch wozu dieses neuentdeckte Megalith-Monument diente und warum es quadratisch war, ist bisher rätselhaft. Möglicherweise wollten seine Erbauer damit an den einstigen Standort eines jungsteinzeitlichen Hauses erinnern. Mutmaßen die Forscher. Dass die Steine ein Grab markieren, halten sie dagegen eher für unwahrscheinlich.

(University of Leicester, 30.06.2017 – NPO)

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