Verlorene Welt: Bis vor gut 35 Millionen Jahren gab es zwischen Europa und Asien offenbar einen kleinen dritten Kontinent – Balkanatolia. Diese Landmasse beherbergte eine ganze eigene, exotische Lebenswelt, wie Fossilfunde nahelegen. Erst als wegen einer Eiszeit die Meeresspiegel sanken, entstanden Landbrücken nach Asien und Europa und die Tierwelten vermischten sich. Die Reste von Balkanatolia verschmolzen mit Europa und Vorderasien und bilden heute den Balkan und die Türkei.
Europa hat eine bewegte, von der Drift der Kontinente geprägte Geschichte hinter sich. Seine Landmasse ist aus mehreren Teilstücken verschmolzen, die ursprünglich Bruchstücke anderer Erdplatten waren. Noch in der Kreidezeit war Europa eine Inselwelt, die vom Rest Eurasiens durch Meeresstraßen abgetrennt war. Die anhaltende Norddrift Afrikas schuf zudem nicht nur Gebirge und das Mittelmeer, sondern ließ auch den erst kürzlich entdeckten Urzeit-Kontinent Greater Adria in der Tiefe versinken.

Der große Wandel
Einen weiteren Kontinent-Baustein Europas könnten nun Alexis Licht von der University of Washington in Seattle und ihre Kollegen identifiziert haben. Anstoß für ihre Studie waren Fossilfunde im Balkangebiet und in der Türkei, die nicht zur gängigen Sicht auf die Faunenentwicklung in Europa passten. Nach dieser waren die Tierwelt Asiens und die Westeuropas während des Eozäns bis vor 34 Millionen Jahren durch Meeresstraßen getrennt.
Dann kam der große Wandel: Plötzlich starben viele zuvor endemische Arten in Europa aus und wurden durch eine Vielfalt neu einwandernder asiatischer Wirbeltiere abgelöst, darunter viele Nagetiere und Paarhufer. Das Merkwürdige jedoch: Im Balkangebiet haben Paläontologen schon einige Millionen Jahre vor dem Faunenaustauch dieser „Grande Coupure“ Fossilien asiatischer Tiere gefunden. Einige Fossilien stammten zudem von Tieren, die weder für das damalige Westeuropa noch für Asien typisch waren.