Folgenreiche Verschiebung: Eine Polwanderung könnte den Beginn des Eiszeitalters vor rund drei Millionen Jahren gefördert haben, wie eine Studie nun nahelegt. Demnach begann vor rund zwölf Millionen Jahren eine langsame Verschiebung der Erdachse, die Grönland und Teile Europas und Nordamerikas weiter nach Norden brachte – und so ihre spätere Vereisung förderte. Indizien für eine solche Polwanderung um rund drei Grad haben Forscher unter anderem in der Inselkette von Hawaii ausgemacht.
Im Laufe der Erdgeschichte hat sich die Erdoberfläche in Bezug auf die irdische Rotationsachse schon mehrfach verschoben, davon zeugen unter anderem Knicks in den Spuren von vulkanischen Hotspots. Auslöser einer solchen echten Polwanderung ist meist eine „Unwucht“ in der Massenverteilung der Erdkruste oder des oberen Erdmantels. Auch heute verändert der geografische Nordpol langsam seine Position: Er driftet pro Jahr und rund zehn Zentimeter nach Südwesten.
Spurensuche am Hotspot
Jetzt haben Geologen Indizien dafür entdeckt, dass eine Polwanderung auch für den Beginn des Eiszeitalters vor rund drei Millionen Jahren eine wichtige Rolle gespielt haben könnte. Für ihre Studie hatten Daniel Woodworth und Richard Gordon von der Rice University in Houston untersucht, ob und wie sich die Lage der Erdachse in Bezug zur Erdoberfläche in der Zeit ab etwa 48 Millionen Jahren vor heute verändert hat.
Hinweise darauf lieferte ihnen neben Magnetfeldmessungen und Gesteinsanalysen die Entwicklung der Vulkankette von Hawaii, deren Feuerberge von einem festen Hotspot durch die darüber driftenden Erdplatten gebrannt wurden. Zwar wanderte diese Zone aufsteigenden heißen Magmas bis vor 48 Millionen Jahren leicht nach Süden, danach aber blieb sie stehen, wie die Forscher berichten.
Polwanderung Richtung Grönland
Interessant jedoch: „Der Hawaii-Hotspot war in der Zeit vor 48 bis zwölf Millionen Jahren relativ zur Rotationsachse fixiert – aber er lag dabei weiter nördlich als heute“, sagt Woodworth. Indizien dafür fanden die Forscher unter anderem bei magnetischen Analysen von Krustengestein des Meeresbodens aus dieser Zeit. Aus diesen Daten schließen sie, dass es während dieser Zeitspanne keine Polwanderung gab – die Erdachse blieb stabil. „In dieser Zeit lag der Pol der Erdachse nahe 87 Grad nördlicher Breite und 164 Grad östlicher Länge“, so die Forscher.
Doch vor rund zwölf Millionen Jahren änderte sich dies: „Die globalen Hotspots haben sich ab dann einheitlich in Bezug zur Erdachse verschoben“, berichten Woodworth und Gordon. „Das verrät uns, dass die gesamte Erdoberfläche sich damals bewegte – durch eine echte Polwanderung.“ Die Position der Achse verschob sich dabei von Hawaii weg und auf Grönland zu. Nach Schätzungen der Forscher betrug diese Polwanderung rund drei Grad.
Fortschreitende Vereisung
„Die Polwanderung bewegte den Erdmantel unter dem tropischen Pazifik nach Süden und verschob gleichzeitig Grönland und Teile Europas und Nordamerikas nach Norden“, berichtet Gordon. Hinweise auf eine solche Nordwanderung Grönlands hat vor einigen Jahren auch ein europäisches Forscherteam gefunden. Auch sie sehen in einer solchen Polwanderung einen Faktor, der zur Vereisung Grönlands beigetragen hat.
Gordon und Woodworth gehen aber noch weiter. Ihrer Ansicht nach könnte Polwanderung auch den Beginn des Eiszeitalters gefördert haben. Demnach trug die Nordwanderung von Grönland, Europa und Nordamderika dazu bei, dass diese Regionen im Laufe der Zeit kälter wurden. Als dann sich verändernde Erdbahn-Parameter vor gut drei Millionen Jahren die Sonneneinstrahlung verringerten, kam es zur Vereisung – das Eiszeitalter begann. (Geophysical Research Letters, 2018; doi: 10.1029/2018GL080787)
(Rice University, 21.11.2018 – NPO)