Ökologie

Bevölkerungswachstum bringt Rifffische in Gefahr

Studie: Rolle der Biodiversität in Riffen bisher stark unterschätzt

Fischgemeinschaft in einem Riff vor Sulawesi © S. Ferse / ZMT

Ein internationales Wissenschaftlerteam hat weltweit die Fischgemeinschaften in tropischen Korallenriffen untersucht – mit überraschenden Ergebnissen, wie die Fachzeitschrift „PLoS Biology“ berichtet. Danach ist die Rolle der Biodiversität in den Riffen bisher stark unterschätzt worden. Und noch eines zeigte die Studie: Je mehr Fischarten sich in einem Korallenriff tummeln, desto stärker wirkt sich der negative Einfluss des Menschen aus.

Tropische Korallenriffe sind die artenreichsten Ökosysteme der Erde. Diese komplexen Lebensräume beherbergen vermutlich mehr als eine Million Arten an Tieren und Pflanzen.

56 Wissenschaftler aus 49 Ländern im Einsatz

Im Rahmen der neuen Studie sammelten 56 Wissenschaftler aus 49 Ländern Daten über Arten, Individuenzahl und –größe von Rifffischen an rund 2.000 verschiedenen Orten, die sich über den gesamten Tropengürtel verteilten. In Korallenriffen spielen insbesondere die Fische eine wesentliche Rolle für das Funktionieren des gesamten Ökosystems.

Zudem sind sie die Nahrungsgrundlage für viele Millionen von Menschen und damit eine der wesentlichen Ökosystemleistungen der Riffe: Gesunde Korallenriffe ergeben jährlich pro Quadratkilometer rund 15 Tonnen Ertrag an Fischen.

Mensch sorgt für nachhaltige Schädigung

Die Forscher kombinierten nun den Zensus mit demographischen Daten über die Bevölkerungsdichte in den untersuchten Gebieten der Erde. Ergebnis: Wie erwartet waren Fischerei, Düngerverbrauch im Hinterland und die Bebauungsrate in dicht besiedelten Gebieten sehr hoch. Diese Einflüsse des Menschen können Riffe nachhaltig schädigen.

„Entgegen bisheriger Annahmen zeigte die Studie: Je diverser die Fischgemeinschaften in einem Korallenriff, desto stärker wirkt sich der negative Einfluss des Menschen aus“, berichtet Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie. Er untersuchte die Fischgemeinschaften dreier Standorte vor der Küste Nord-Sulawesis, inmitten des so genannten Korallendreiecks, des Zentrums mariner Biodiversität. Die Orte sind unterschiedlich stark betroffen von schädigenden Einflüssen wie Abwassereinleitung ins Meer oder Dynamitfischerei.

Zensusarbeit vor Sulawesi © S. Ferse / ZMT

Jede Art ist wichtig

Praktisch jede Art trägt nach Angaben der Wissenschaftler zum Funktionieren des komplexen Riffökosystems bei. So werden beispielsweise in der Fischerei vor allem die großen, räuberischen Rifffische weggefangen, wie Haie oder Zackenbarsche. Sie haben kaum Konkurrenten, die ihren Platz einnehmen können, ihre Funktion ist aber sehr bedeutend: die großen Räuber regen die Produktivität und Artendynamik im Riff an.

Kranke Individuen sowie Arten, die unzureichend an die Lebensbedingungen im Riff angepasst sind, sind für sie eine leichte Beute. Deren ökologische Nische wird anschließend von erfolgreicheren Arten neu besetzt.

Bevölkerungswachstum gefährdet Biodiversität

Angesichts des steigenden Bevölkerungsdrucks in tropischen Ländern macht die Studie den Wissenschaftlern zufolge eine Neubewertung der Rolle der Artenvielfalt im Riff dringend erforderlich. Man geht davon aus, dass sich innerhalb der nächsten 50 bis 100 Jahre die Anzahl der Menschen in Ländern mit Korallenriffen sogar verdoppeln wird. Der zunehmende Verlust an Biodiversität in Riffen schwächt diese und ihre Ressourcen, so die Forscher. Mittlerweile liegt er sogar über dem der tropischen Regenwälder. (PLoS Biology, 2011; doi: 10.1371/journal.pbio.1000606)

(Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT), 06.04.2011 – DLO)

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